"Innovationen fehlen" rufen Wirtschaftswissenschaftler.
Denn: Phasen wirtschaftlicher Aufwärtsentwicklung - wir kennen drei seit 1830 - gingen immer mit der Nutzung neuartiger tiefgreifender Entwicklungen einher, die das Leben jedes einzelnen auf Dauer beeinflussten.
Quelle der folgendenText-Auszüge; "Bild der Wissenschaft"
2/1982
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Basisinovationen
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Basisinovationen nennt man solche
nachhaltig wirkenden, umfassenden technologischen Neuerungen, die ein ganzes
Netz weiterer Neuerungen nach sich ziehen. |
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Beispiel:
"Kältemaschinen" als Basisinovation in den
50er und 60er Jahren
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Nach
dem zweiten Weltkrieg waren Kältemaschinen soweit automatisiert und
so preiswert geworden, dass sich immer mehr Leute mit mittlerem und kleinem
einkommen einen "Kühlschrank" leisten konnten. ... Um genügend
davon herstellen zu können, musste eine Industrie dazu aufgebaut
werden. Geeignete Werkzeugmaschinen waren zu konstruieren und in Betrieb
zu nehmen, Geld in die Produktion von Kühlschränken zu investieren.
... Die Folgen: Einerseits machten die Unternehmer Gewinne, die zum Teil
als Zinsen an die Geldgeber zurückgingen und die für die Deckung
der Lohnkosten notwendig waren. Andererseits hatte auch der Käufer
einen Vorteil, er konnte seine Nahrungsmittel im Vorrat frisch halten.
... So verursachten die "Kühlschränke" auch ein völlig
anderes Einkaufsverhalten der Verbraucher, dass Grundlage wurde für
Supermärkte und für eine entstehende Industrie von Tiefkühlkost.
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Grenznutzen
der Basisinovation
und Abschwung
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Schließlich
hatten 90% aller Familien einen Kühlschrank. Der Markt war gesättigt
und man brauchte nur noch Ersatz für defekte Geräte. Ist dieser
Stand einmal erreicht, sind die Fertigungkapazitäten nicht mehr voll
ausgelastet. Die Gewinne gehen zurück ... und schlimmsten Falls kommt
es zum Bankrott. Dem Aufschwung folgt ein Abschwung! |
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Kondratjew-Zyklen
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Im
Rahmen der Wirtschaftsgeschichte ist eine solche Situation nicht neu. Dreimal
schon seit 1830 haben langjährige wirtschaftliche Depressionsperioden
schließlich wieder zu einer über drei Jahrzente andauernden Belebung
und Aufwärtsentwicklung geführt. Diese langen Wellenzüge
werden heute Kondratjew-Zyklus genannt. |
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Forresters
Modellierungsverfahren:
System Dynamics |
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Jay W. Forrester,
Wirtschaftsfachman und Systemtheoretiker am MIT hat Ende der 70ger Jahre
ein Modellierungsverfahren - die System Dynamics - entwickelt, um gerade
das der Anschauung nicht mehr zugängliche Verhalten komplexer Systeme
verfolgen und analysieren zu können.
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Leeres Wachstum - jobless growth |
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Selbst
im Aufschwung finden amerikanische Arbeitslose keine Stellen. Dank neuer
Technologien brauchen die Unternehmen immer weniger menschlische Arbeitskraft.
von
Thomas Fischermann,
DIE ZEIT 37, 2003, Auszüge
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Kenner der amerikanischen Geschichte fühlen sich an die frühen
neunziger Jahre erinnert. Auch im März 1991 ging eine Rezession zu
Ende, doch die Unternehmen entließen noch monatelang weiter Arbeitskräfte.
Es war die Phase des jobless growth, des Wirtschaftswachstums ohne wachsende
Beschäftigung. Erst 1993 erreichten die Beschäftigungszahlen wieder
das Niveau von vor dem Konjunktureinbruch.
Diesmal sieht es noch schlechter aus. Der Arbeitsmarkt reagiert viel langsamer
als üblich. ... Wenn weniger Beschäftigte gleich viel Produktion
schaffen können, muss die amerikanische Volkswirtschaft einigen Schätzungen
zufolge künftig sogar um 3,5% im Jahr wachsen, damit die Arbeitslosigkeit
abnimmt.
Zum Vergleich: In Deutschland lag dieser Schwellenwert bislang bei etwa
2%. .... |
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Kassandras Albtraum & abwägende Worte |
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Kassandras Albtraum - Auszüge
von Uwe Jean Heuser, die Zeit, Dezember 2008 |
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Die Konjunkturforscher zweifeln zu Recht an ihren eigenen Prognosen. Aufgeben dürfen sie indes gerade jetzt nicht. ...
Mit -2% wird eine Genauigkeit suggeriert, die den Ökonomen eigentlich fremd ist. ...
Eine ehrliche Aussage würde ungefähr so klingen: Die Wirtschaft wird mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit um 1,5 bis 2,5 Prozent schrumpfen. Doch eine solche Aussage verhalle in der hiesigen Debatte vermutlich ungehört, also lassen sich alle – Forscher wie Politiker und Medien – auf der Spiel mit der einen Zahl ein.
Die Forscher müssen wohl auch andere Gedankenmodelle in Betracht ziehen. Was, wenn wirtschaftliche Dynamik gar nicht mehr in solch geordneten Bahnen verläuft, wie ihrer Rechenwerke nahe legen? Was, wenn sich mit einer anderen Idee mehr erklären lässt – dass wir es nämlich immer wieder mit sich selbst beschleunigen Prozessen gegenseitiger Beeinflussung zu tun haben, die gar keinen festen Gesetzen folgen?
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Abwägende Worte im Interview der Korrespondenten Andreas Herholz, Rasmus Buchsteiner und Christoph Slangen mit dem Bundespräsidenten der BRD
Horst Köhler
Quelle: Ausszüge aus RN;
vom 14.3.2009
Fettdruck durch den Gestalter der Lernumgebung
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Hat die Bundesregierung beim Krisenmanagement die Weichen bisher richtig gestellt?
Köhler: Die Bundesregierung arbeitet hart. Sie hat entschlossen und zügig gehandelt. Die Richtung der Maßnahmen stimmt. Wir müssen so schnell wie möglich den Geldkreislauf und Kredite an die Wirtschaft wieder in Gang bringen. Auch nachfragestärkende Konjunkturprogramme sind jetzt richtig. Es geht um die Abwehr der Gefahr einer sich selbst verstärkenden Spirale nach unten. In der jetzigen Ausnahmesituation müssen wir dazu auch eine steigende Staatsverschuldung in Kauf nehmen. Alle Maßnahmen müssen aber auch längerfristigen Perspektiven Rechnung tragen.
Was bedeutet das konkret?
Köhler: Wenn wir jetzt das Geld ausgeben, dann stehen wir in der Pflicht, uns zugleich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie die Staatsverschuldung auch wieder zurückgeführt werden kann. Das Prinzip Hoffnung auf Wirtschaftswachstum reicht nicht aus. Es wird nicht mehr funktionieren. Und ich wünsche mir eine noch stärkere Konzentration auf Investitionen zur Verbesserung der Energie- und Rohstoff-Effizienz. Wir sollten uns in Deutschland ganz gezielt eine neue, ökologische industrielle Revolution vornehmen. Diese Umsteuerung wird Arbeitsplätze schaffen. Der Klimawandel trifft im Übrigen die Menschen in den Entwicklungsländern am härtesten, obwohl die Hauptverursacher die Industriestaaten sind. Wir werden keine gute Zukunft haben, wenn wir dem nicht gemeinsam etwas entgegensetzen. Wenn die Armut in der Dritten Welt noch größer wird, kommen die dramatischen Folgen zu uns. Die Migration nach Europa wird zunehmen. Einige warnen schon vor Hungerterrorismus. Wir sollten begreifen: Wir sitzen alle in einem Boot. Wir müssen zusammenarbeiten, sonst schaden wir uns selbst. Das ist in meinen Augen die Chance.
Das Wachstum stößt offenbar an seine Grenzen. Ist Wachstum ein Wert an sich?
Köhler: Gott behüte. Ein quantitatives „Immer mehr“ bringt den Menschen kein dauerhaftes Glück. Was wir vor allem brauchen, ist qualitatives Wachstum. Also Wachstum in den Köpfen, das intelligente Lösungen vorantreibt, zum Beispiel Autos, die viel weniger Benzin verbrauchen und viel weniger CO2 ausstoßen. Die armen Länder mit ihren weiter rasch wachsenden Bevölkerungen werden uns mit Recht den Verbrauch von Rohstoffressourcen streitig machen. Wir sollten deshalb besser früher als später auch unseren Lebensstil kritisch hinterfragen. Früher gab es nur den Sonntagsbraten, heute ist bei vielen täglich Fleisch auf dem Tisch. Das hat Folgen: Für den Anbau von Soja als Futter zum Beispiel wird Regenwald abgeholzt. Diesen Zusammenhang müssen wir sehen. Jeder sollte prüfen, was er ändern kann. Glück ist nicht nur, sich alles leisten zu können, gutes Essen, das Zweitauto oder den Flug in die Sonne. Wir haben darüber manches vernachlässigt. Glück, Erfüllung, Zufriedenheit: Das ist auch Zeit für den Freundeskreis, das Bier mit den Nachbarn oder soziales Engagement für andere. 23 Millionen Menschen engagieren sich in Deutschland im Ehrenamt. Wir in der Politik tun vielleicht noch zu wenig für ihre Anerkennung und Unterstützung.
Die Globalisierung als Chance für alle - ist die Glaubwürdigkeit dieser Botschaft durch die Krise nicht erschüttert?
Köhler: Die Krise hat Risiken und Fehlentwicklungen in der Globalisierung deutlich aufgedeckt. Offenkundig bedarf die Globalisierung der politischen Gestaltung. Eine „De-Globalisierung“ wäre aber ein historischer Rückschritt, nicht zuletzt für die Ausbreitung universaler Menschenrechte. Deutschland hat jahrzehntelang von der Globalisierung profitiert. Eine autarke Volkswirtschaft, in der vom Brot bis zur Kleidung, vom Computer bis zum Auto alles im eigenen Land hergestellt werden müsste, würde unseren Wohlstand in kürzester Zeit vernichten. Arbeitsteilung und Austausch mit anderen sind die Quelle unseres Erfolgs.
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