Gertraude Pomerel | ||||||||||
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Richter: "Bist du Gertraude Pomerel, die eheliche Tochter des seligen Enno Pomerel und seiner ebenfalls seligen Eheliebsten Bertha, einer geborenen Daubin?" Inquisitin: "Ja, Herr, die bin ich." Richter: "Weißt du, weshalb du hier stehst?" Inquisitin: "Ja, Herr! Ein Lotterbube will mir übel, weil ich einen anderen heiraten werde." Richter: Glaubst du, daß es Zauberer und Giftmischer gibt?" Inquisitin: "Das muß wohl jeder Fromme glauben, denn in der Heiligen Schrift steht geschrieben: Die Zauberer sollst du nicht leben lassen! " Richter: "Und Hexen?" Inquisitin: "Freilich gibt es schlimme Weibspersonen und gottlose Mannsbilder, die unserem Herrn Jesus Christus absagen und sich dem Satan verschreiben!" Richter: "Wann hast du den Teufel zum ersten Male gesehen?" Inquisitin: "Überhaupt noch nicht, liebe Herren! Ich bin keine Hexe." Richter: "Woher kam der Kater, der dich lange Zeit wie ein Hund begleitet hat und auch allabendlich mit dir in die Kammer ging?" Inquisitin: "Der Silberling? Großvater hat ihn mir mitgebracht, als er noch ganz klein war. In der Rocktasche hat er ihn getragen. Aber ich weiß nicht, woher er das Kätzchen hatte." Richter: "In welcher Sprache redetest du mit dem grauen Kater?" Inquisitin: "Verzeiht, Ihr Herren, daß ich lache. Es ziemt sich wahrhaftig nicht für mich. Aber jetzt kann ich nicht anders, Herr Richter! Mein Silberling war doch kein Bileamsesel!"(Teufel) Richter: "In welchen anderem Gestalten war der Satan bei dir?" Inquisitin: "Ich habe niemals einen Teufel gesehen." Richter: "Wo ist jetzt der Kater?" Inquisitin: "Ersoffen ist er beim Maigewitter!" Richter: "Weshalb hast du aus heiterem Himmel blitzen lassen und das schreckliche Unwetter über das Ländlein Dreyeich gebracht?" Inquisitin: "Ich bin keine Wettermacherin." Richter: "Wozu hast du diese Feder gebraucht?" Inquisitin: "Das ist eine Häherfeder, und mein Liebster hat sie mir geschenkt, als der schlimme Hagelschlag vorüber war!" Richter: "Welcher Liebste?" Inquisitin: "Der Hayner Pfarrherr, den ich am Mittwoch vor Weihnachten heiraten werde." Richter: "Und diese Salbe?" Inquisitin: "Die gehört mir nicht. Der Pestmedikus hat vergessen sie mitzunehmen." Richter: "Wie oft bist du zum Hexenberg geritten?" Inquisitin: "Das weiß ich doch nicht! Dannach müßt Ihr die Richtige fragen! Fangt sie Euch!" Richter: "Wie kommen diese Besenstiele unter dein Bett?" Inquisitin: "Ich kann es nicht sagen. Ehe man mich ins Drudenloch warf, standen sie fein säuberlich im Schuppen." Richter: "Wie oft bist du zum Hexenberg geritten?" Inquisitin: "Fragt mich doch endlich etwas Gescheiteres! Ich bin keine Besenreiterin!" Richter: "Welche anderen Weiber waren beim Hexensabbat?" Inquisitin: "Sucht sie Euch! Ich kenne keine!" Richter: "Wie oft war deine Schaffnerin mit draußen?" Inquisitin: "Die gute Suse hat mit dem ganzen Lügenwerk ebenso wenig zu tun wie ich." Richter: "Was habt ihr auf dem Hexenberg getrieben?" (Inquisitin schüttelt sich, verhüllt ihr Angesicht und gibt dem Richter keine Antwort.) Richter: "Weshalb hast du deinen Großvater erblinden lassen?" Inquisitin: "Bringt meinen armen Großvater nicht in Euer höllisches Spiel! Gott sei Dank, daß er seine ewige Ruhe hat und diesen Tag nicht mehr erleben muß!" Richter: "Womit hast du den Schickedanz verhext?" Inquisitin: "Ich kann nicht hexen! Gebetet habe ich für ihn, als er quersinnig war." Richter: "Wie hast du den Großen Brunnen vergiftet?" Inquisitin: "Ich soll den Brunnen vergiftet haben? Und dabei sagt mir Doktor Fresenius selbst, daß tote Ratten und Mäuse darin lägen! Habe etwa ich das Aas hineingeworfen?" Richter: "Wieviele Menschen, außer dem Glöckner Karl und seiner Tochter Hilda Reifschneider, hast du ums Leben gebracht?" Inquisitin: "Ich bin keine Giftmischerin! Viele Leute habe ich gesund gepflegt, aber niemand gesterbst!" Richter: "Wieviele Kühe und Schweine hast du verhext?" Inquisitin: "Was alles soll ich noch getan haben? Weshalb will man mich denn durchaus zum Teufelsmensch machen, wenn ich doch gar keines bin?! |
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© Pädagogisches Institut der deutschen Sprachgruppe - Bozen
- 2000
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