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Wachstum, Wachstum, ... ohne Grenzen?
Verdammt zum Wachstum
- ein Gedankenexperiment |
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Schicksal: Wachstum
Zitat aus „Die Utopien des Kapitalismus, von Susanne Gaschke in DIE ZEIT v. 12.5.2005
Hierzu noch Literaturverweise: Dennis Meadows, Die Grenzen des Wachstums, dva, 1972. "Die neuen Grenzen des Wachstums", 1992 "30Jahre-Update", 2004" |
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Gut, ethisch und wertvoll ist das, was der Wirtschaft nützt. Was aber kommt auf uns zu, wenn die Kapitalisten auf niemanden mehr Rücksicht nehmen müssen?
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„In den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren galt es in Deutschland geradezu als steinzeitlich, ... von einem Widerspruch zischen Kapital und Arbeit oder auch nur von Interessen der abhängig Beschäftigten, die sich eventuell von denjenigen der Arbeitgeber unterscheiden könnten zu sprechen. Die Globalisierung lieferte ein tsunamihaftes Argument dafür, dass gut, ethisch und wertvoll sei, was der Wirtschaft nütze – also etwa Deregulierung, Flexibilisierung, Entstaatlichung, Schlecht (man nannte es euphemistisch: reformbedürftig) waren Dinge, die die Unternehmer in ihrem segensreichen Wirken behindern konnten: Kündigungsschutz, Umweltschutzauflagen, Lohnnebenkosten, Steuern.
In weiten Teilen der Bevölkerung gibt es inzwischen ein tiefes Unbehangen, nicht am Kapitalismus an sich, sondern an einigen seiner möglichen Wirkungen – und am Triumphalismus mancher seiner Propheten. Zur Debatte steht die Frage, wie Demokratie und Kultur, wie Alltag und Familien sich entwickeln werden, wenn die Kapitalisten auf niemanden mehr Rücksicht nehmen müssen. Dieses Unbehagen ist kein Ausdruck einer speziell deutschen Anspruchsmentalität“ ... der in fantasievollen Romanen unserer Zeit einen Ausdruck findet.
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Deutschland im Herbst 2004:
Das BIP ist um 30 Milliarden Euro höher als im Boomjahr 2000; aber die Stimmung ist mies!
Auszüge aus „Verdammt zum Wachstum“ von Robert von Heusinger, in DIE ZEIT vom 18.11.2004 |
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Deutschland im Herbst 2000. Die Stimmung ist gut.
Das Wirtschaftswachstum liegt bei 3% im dritten Quartal. ... Die Arbeitslosigkeit sinkt. Allen geht es besser.
Deutschland im Herbst 2004. Die Stimmung ist mies.
Das Wachstum liegt nur bei etwas mehr als 1% gegenüber dem Vorjahr. Die Arbeitslosenzahl zählt fas 5 Millionen. Die Löhne sinken. Pleitewellen bei Unternehmen. Die Staatsverschuldung wächst und wächst.
Das Paradoxe an dieser Situation: Eigentlich müsste es Deutschland deutlich besser gehen als vor vier Jahren. Denn das BIP ist inflationsbereinigt um rund 30 Milliarden Euro höher als im Boomjahr 2000.
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Wo bleibt das zusätzliche Volkseinkommen, das aus dem Mehr an Gütern und Dienstleistungen entstanden ist? |
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Die herrschende volkswirtschaftliche Denkschule, die Neoklassik, ist nicht geeignet, diese Frage zu beantworten, wo das Mehr geblieben ist. Denn sie erklärt Null- oder sogar Minuswachstum für möglich, ohne dass es zu steigender Arbeitslosigkeit und Firmenzusammenbrüchen ... kommt. Der Grund: Preise und Löhne reagieren flexibel auf Nachfrageänderungen, sodass die Märkte stets im Gleichgewicht sind.
Woran liegt es, dass diese sehr weit verbreitete Theorie keine Antwort auf das Offensichtliche der Empirie geben kann? Dass nämlich Kapitalismus ohne Wachstum nicht funktioniert. |
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Dazu ein Gedankenexperiment: Das System Wirtschaft ist auf Wachstum programmiert! |
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Um die Frage zu beantworten bedarf es eines Gedankenexperiments.
Vier Dinge müssen dafür zunächst nachvollzogen werden: Erstens, Unternehmen investieren nur, wenn sie Gewinne erwarten dürfen. Zweitens, damit Unternehmen investieren, müssen sie sich in der Regel verschulden, also die Produktion vorfinanzieren. ...Drittens, jedem Geldvermögen steht eine Schuld gegenüber. Wenn ein Mensch sparen will, also Geldvermögen aufbauen will, braucht er notwendigerweise einen anderen, der sich verschulden möchte. Viertens, Geld entsteht aus Kredit, ja, es ist nichts anderes als Kredit.
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Wo also bleibt das Geld,
das nichts anderes als Kredit ist? |
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Das Experiment beginnt simpel. Es gibt nur ein Unternehmen. Es nimmt bei der Bank einen Kredit über 100 € auf, der nach einem Jahr mit Zinsen zu 105 € zurückzuzahlen ist. Mit den 100 € kauft das Unternehmen Material und Arbeitskraft ein und produziert Kleidung. Selbst wenn die Arbeiter und Bauern, die die Wolle angeboten haben, das gesamt Geld wieder für Kleider ausgeben, geht das Unternehmen pleite, weil es nur 100 € eingenommen hat und den Zins nicht zahlen kann. Damit seine Rechnung aufgeht, muss ein anderes Unternehmen aufmachen, sich verschulden und Löhne Zahlen. Dann kann der Kleiderproduzent sogar mit Gewinn abschließen. Natürlich überlebt das neue Unternehmen nur, wenn wieder ein neues gegründet wird und sich verschuldet. ....
Das System ist auf Wachstum programmiert. Der Zins erzeugt die Dynamik, die wir gemeinhin Wachstum nennen. Das Geld bleibt (versackt) in den Händen derer, die Geld ausleihen.
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Letzte Änderung: 30.12.2009
© Pädagogisches Institut für die deutsche Sprachgruppe
- Bozen. 2000 -
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