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Projektbericht:
"Du hast angefangen!" - "Nein, du!"

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Anregungen für online-Projekte in Grundschulen
 
Bericht von Karl-Heinz Heyden, Grundschule Pantrings Hof, Herne
 

Rahmendaten zum Projekt

 

 

Projektzeitraum: vom 20. 9 bis zum 29.10.99
Beteiligte Schulen: 3 vierte Schuljahre aus nordrhein-westfälischen und 2 fünfte Schuljahre aus südtiroler Grundschulen sowie eine fünfte Klasse aus einem nordrhein-westfälischen Gymnasium
Eingesetztes Medium: Lern- und Arbeitsumgebung "Friedensfähigkeit".

     
    Über das Projekt wird aus der Sicht der Grundschule Pantrings Hof in Herne berichtet.
     
Inszenierung und Vorbereitung des Projektes
 

Als "amtierender" Pate der medialen Arbeitsumgebung kündigte ich das Projekt bereits im Juli 1999 an. In dieser Ankündigung wurde von mir zunächst das Thema und der zeitliche Rahmen festgesetzt. Darüber hinaus wurde derselbe Text per E-Mail an bekannte, vermutlich interessierte Schulen abgeschickt. Diese mehr persönliche Ansprache hat eine größere Wirkung auf die Bereitschaft, sich am Projekt zu beteiligen. Es ist daher für zukünftige Projekte sicher nützlich, möglichst viele interessierte Schulen zu kennen. Eine Unterrichtskizze zum Projekt "Du hast angefangen!" - "Nein, du!" wurde dann etwas später veröffentlicht. Sie enthielt hauptsächlich überfachliche, soziale Lernziele, methodische Überlegungen zu deren Realisierung, geschätzte Lernzeiten sowie mögliche inhaltliche Anknüpfungspunkte für eine überregionale Kommunikation und Kooperation. Im Zeitraum zwischen Ankündigung und Beginn des Projektes wurden dann Absprachen organisatorischer, technischer und inhaltlicher Art unter den teilnehmenden Lehrpersonen getroffen. Solche Absprachen haben sich bei allen bisher durchgeführten Projekten als notwendig und hilfreich für die Durchführung erwiesen. Der Austausch zwischen den Lehrpersonen erfolgte in der Regel über E-Mail.

     
Ein Blick in die Lernarbeit einer Klasse
 

In einer vierten Klasse der Grundschule Pantrings Hof in Herne hatten sich zum Projektthema unter Moderation des Lehrers vier Kleingruppen (noch vor Projektbeginn) gebildet. Die Kinder wollten arbeitsteilig an den folgenden Unterthemen lernen und arbeiten:

  • Streitbeispiele mit Lösungen
  • Ich möchte nicht mehr streiten!
  • Was kann man tun, um Streit zu beenden?
  • Streitschlichtung an unserer Schule

Bei der Themenarbeit wurde die Mediothek des Lern- und Arbeitsbereiches "Friedensfähigkeit" von den Kindern als zusätzliches Medium, neben den anderen vom Lehrer bereitgestellten Medien, genutzt.

     
 

In allen Kleingruppen wurden passend zu ihren Unterthemen auch Beiträge für das Schwarze Brett zunächst auf Papier und sodann mit einer Textverarbeitung geschrieben. Letzteres war und ist für Grundschulkinder zeitaufwendig. Sie müssen die einzelnen Buchstaben auf der Tastatur erst suchen. Die erstellten Kommunikationsbeiträge wurden sodann abgeschickt.

Am nächsen Morgen erwarteten die Kinder Antworten von den anderen beteiligten Lerngruppen. Alle waren gespannt, ob die anderen Schülerinnen und Schüler aus NRW oder Südtirol geschrieben hatten und was sie zu den eigenen Beiträgen meinten oder zu fragen hatten. So setzten sich zunächst die Kinder der Kleingruppe "Streitbeispiele mit Lösungen" in die Medienecke und riefen das Schwarze Brett und dort zuerst den Kommunikationsbereich "Vorstellung der beteiligten Lerngruppen" auf, weil sie wissen wollten, ob wohl noch weitere Gruppen bei dem Projekt mitmachen wollten. Sie wurden nicht enttäuscht!

     
Eine fünfte Gruppe stellt sich mit ihren Namen vor! Schnell wurde die Seite ausgedruckt und umgehend zu den anderen Vorstellungsseiten an die Pinnwand geheftet. Sodann wurde der Kommunikationsbreich "Fallbeispiele von Gewalt / Konfliktsituationen" auf den Bildschirm geholt. Hier gab es vier neue Beiträge, die man am hervorgehobenen Datum erkennen konnte. Drei davon waren Antworten auf die eigenen Texte. Diese druckten die Kinder aus, begaben sich mit den Texten an ihren Arbeitstisch und machten in der Medienecke Platz für die nächste Kleingruppe.  
   
Blick in die Medienecke der Klasse
     
 

Die Kinder lasen die Beiträge und diskutierten sie in ihrer Gruppe. Sie kopierten die Beiträge für die Kommunikationswand im Klassenraum, planten weitere Aktionen und besprachen Organisatorisches. Ein Ergebnis ihrer Tätigkeiten war der Beschluss, auf der Grundlage der stattgefundenen Gespräche am Schwarzen Brett ein Fallbeispiel - ähnlich wie es in der Mediothek vorgemacht worden war - einmal selbst darzustellen. Nun wurden Ideen gesammelt und der Lehrer half beim Entwickeln der Struktur des zu erstellenden Drehbuches.

Ähnlich lebhaft ging es auch in den anderen drei Gruppen zu. Die Kleingruppe "Ich möchte nicht mehr streiten!" hatte zum Beispiel nach Anregungen aus der Mediothek acht Gefühle beschrieben, sie durch Kinder dargestellt und davon Fotos gemacht. Diese Texte und Bilder sollten dann am Schwarzen Brett präsentiert werden. Dazu scannten die Kinder die Fotos ein und schrieben die Texte mit einer Textverarbeitung. Überarbeitet und auf die richtige Rechtschreibung hin überprüft wurden sodann die Texte und Bilder in die Eingabemaske des Schwarzen Brettes kopiert. Doch zuvor gab es ein Problem. Es wurde diskutiert, welcher der folgenden Kommunikationsbereiche des Schwarzen Brettes dabei gewählt werden sollte.

  • Vorstellung der beteiligten Klassen oder
  • Fallbeispiele von Gewalt / Konfliktsituationen oder
  • Wege zur Lösung von Gewalt / Ideen zur Konfliktbewältigung oder
  • Ideen zur Steigerung der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit oder
  • Ideen zur Einrichtung einer Streit-Schlichtung in der Schule oder
  • Selbst verfasste Geschichten und Gedichte oder
  • Ideenbörse für soziales Lernen

Hierbei war die Hilfe des Lehrers gefragt! Er schlug vor, für die Darstellung von Gefühlen den Bereich "Ideen zur Steigerung der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit" zu wählen. Das Abschicken der Bilder und Texte gelang dann noch am selben Tag. Und wieder waren die Kinder gespannt, ob es Reaktionen darauf geben würde: "Einige der Worte in der Beschreibung der Gefühle sind vielleicht bei den Kindern in Südtirol nicht bekannt. Dann kann es Fragen geben!"

     
   
     
   
Blick auf die Aushänge vom Schwarzen Brett an die Pinnwand in der Klasse
     
Erfolgreiche Projekt in der Grundschule - Warum?
 

Diese geschilderten Einblicke in die Lernarbeit der Grundschulklasse zeigen eine typische arbeitsteilige Kleingruppenarbeit im Sachunterricht während des Projektes. Die Kinder arbeiten in diesem Projekt zum wiederholten Mal arbeitsteilig in Kleingruppen. Sie haben schon öfters und in vielen anderen Sachzusammenhängen Projekte durchgeführt. Und dabei haben sie immer wieder auch ihre Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit geschult.

Die Lehrperson ist ständig im Einsatz, denn die Tätigkeiten der Kinder in den Kleingruppen sind vielschichtig und die Kinder haben viele zielgerichtete fachliche Fragen. Sie moderiert die Lernarbeit der Kinder, indem sie Anregungen gibt, organisatorische Voraussetzungen schafft, Hilfen bei technischen Problemen gibt und dabei mit den Schülerinnen und Schülern lernt. Zu Beginn und am Ende einer Unterrichtseinheit organisiert und leitet sie gemeinsame Klassengespräche, die dem Informationsaustausch, der Darstellung von Planungen und dem Vorstellen von Ergebnissen (auch Teilergebnissen) sowie der Klärung organisatorischer Fragen dienen. Bisher "getrenntes" Wissen wird in diesen Phasen zu einem allgemeinen und orientierenden Wissen für alle.

Die Kommunikation und Kooperation in der Klasse und überregional muss übersichtlich strukturiert sein. Beobachtungen während durchgeführter Projekte zeigen u.a., dass die Übersichtlichkeit der Kommunikationsplattform im Bildungsserver um so größer ist, je differenzierter sie gestaltet ist. Eine zuerst lebhafte Kommunikation "erstickt", wenn die Kinder ihre eigenen Beiträge und die der anderen nicht mehr finden können. Eine Aufteilung in mehrere Kommunikationsbereiche erleichtert somit das Auffinden von Texten. Als weiterhin hilfreich und sinnvoll für das Lernen hat sich erwiesen, dass die Kommunikationsbeiträge geordnet an Stellwänden in der Schule veröffentlicht werden. In der Grundschule ist dies möglich, denn die Gesamtzahl der Beiträge (etwa 60 bis 80) bleibt überschaubar.

Zusätzlich werden die ausgedruckten Kommunikationsbeiträge auch in den Arbeitsordnern der Kleingruppen abgeheftet. Diese Sammlungen in den Ordnern erleichtern der Kleingruppe das Erstellen von Folge-Beiträgen für die Kommunikation am Schwarzen Brett. Ebenso werden in diesen Ordnern alle weiteren Textbeiträge, von den Ideensammlungen bis hin zu den fertigen Arbeiten, übersichtlich abgelegt. Mit Hilfe dieser Dokumentation können die Arbeitsergebnisse der Kleingruppe festgehalten und die Präsentationen vor der Klasse besser vorbereitet werden. Die Ordner stellen für die Lehrperson eine zusätzliche Grundlage dar, die Kommunikation und Kooperation zu würdigen und in die Leistungsbewertung mit einzubeziehen.

Multimediale Dokumente der Kinder und Erfahrungsberichte der Lehrpersonen werden nach dem Projekt (etwa im Foyer des Arbeitsbereiches) veröffentlicht. Immer wieder sind einige Arbeiten der Kinder so gut gelungen, dass sie von den Paten in die Mediothek eingestellt werden. Aber aus Zeitgründen können diese Arbeiten - in der Regel - nicht zeitgleich mit dem Projektablauf von den Paten geleistet werden. Daher werden viele aufwendige Produkte, sowie eine Dokumentation der abgelaufenen Kommunikation im Projekt nachträglich im Foyer veröffentlicht. Ebenso werden dann auch die Erfahrungsberichte der Lehrpersonen öffentlich gemacht. Insgesamt gesehen lassen sich aber in Grundschulen überregionale Kommunikations- und Kooperationsprojekte einfacher planen und durchführen als in Sekundarschulen. Das Prinzip, in Grundschulklassen viele Fächer in eine Hand zu legen, macht dies möglich. So kann der Unterricht fachübergreifend und organisatorisch sehr flexibel an die momentanen Lernbedürfnisse angepasst werden. Es ist in der Regel gleichgültig, zu welchem Zeitpunkt Mathe, Sache oder Sprache unterrichtet wird.

 

© Pädagogisches Institut der deutschen Sprachgruppe - Bozen - 2000