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Ein Einführung in die Begrifflichkeiten der "Theorien der Komplexität"
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Im Planetensystem der Erde lässt sich berechnen, zu welchen Zeiten wir Sonnen- und Mondfinsternisse an bestimmten Orten auf der Erde beobachten können. Wann eine Raumfähre an der Weltraumstation ankoppeln wird oder zu welchen Zeitpunkten an welchen Orten wir Beobachtungs-Satteliten am Himmel sehen können, das lässt sich im Gravitationssystem der Erde berechnen. Und in Ökosystemen lässt sich das Wachstum der unterschiedlichen Arten berechnen, die aufeinander einwirken.
Alle diese Systeme verändern sich in der Zeit. Sie sind dynamisch und zeigen ein System-Verhalten, das innerhalb kleiner Fehlergrenzen zeitlich vorhersagbar, also determiniert ist.
 
   
         
Ein Planetensystem
 
Nordlichter
 
Eine Schülerbande auf dem Schulhof
 
Dynamische Systeme - wie Nordlichter oder Schülerbanden auf einem Schulhof - können auf kleinste Störungen so reagieren, dass ihr Verhalten mitunter unvorhersagbar wird. Die Störungen können sich durch Kausalitäten und Wechselwirkungen im System so aufschaukeln, dass in diesen Fällen eine Vorhersage des Systemverhaltens unmöglich wird oder nur noch in Wahrscheinlichkeiten ausgedrückt werden kann. Dynamische Systeme können also ein stochastisches (zufälliges) Verhalten zeigen, dass nur noch mit Wahrscheinlichkeiten vorhersagbar ist.
Viele stochastische Systeme sind aber in ihrem Verhalten genauer vorhersagbar, als es bisher angenommen wurde. In früher gemessenen Daten, die man als zu kompliziert beiseite geschoben hatte, können heute unter Nutzung neuer mathematischer Verfahren und mit Hilfe von Computern einfache Gesetze oder Ordnungen erkannt werden.
Mit dem stochastischen (man kann auch sagen: chaotischem) Verhalten von Systemen, beschäftigt sich die Chaostheorie. So gesehen ist die Chaostheorie also ein Spezialfall der Systemtheorie.
 
   
         
Drei identische, lediglich farblich veränderte Bilder vom Rande der Mandelbrot-Menge
 
Die geometrische Sprache für das Verhalten von stochastischen (chaotischen) Systemen ist u.a. die fraktale Geometrie. In ihrem unerschöpflichen Vorrat an Formen lassen sich u.a. Galaxien, Wolkenbildungen, Blitze, Turbulenzen, Mäanderungen und Eskalationen beschreiben. So wie Architekten auch noch heute mit der traditionellen (u.a. euklidischen) Geometrie Häuser und Straßen beschreiben können.
Chaosforschung richtet das Augenmerk auf versteckte Ordnungen sowie auf "Empfindlichkeiten" und "Regeln" in Systemen. Chaosforschung erklärt, wie sich Systeme selbst organisieren können und wie auf diese Weise neue Qualitäten emergieren (sich entwickeln), die bis dahin nicht existierten.

Die schrittmachenden neuen Erkenntnisse durch die System- und Chaosforschung wurden mit mathematischen Verfahren (u.a.mit der system-dynamics, der fraktalen Geometrie, der fuzzy-logik sowie der Stochastik und Wahrscheinlichkeitslehre) und mit Hilfe von schnellen Rechnern möglich.
Die Theorien der Komplexität finden Anwendung u.a. in der Makro- und Mikrophysik, der Ökologie, der Evolutionstheorie, der Psychologie, der Soziologie, der Neuro- und Genforschung, der "künstlichen Intelligenz" und der Wirtschaftstheorie. Aber auch Kommunikation, Verständigung und Lernen lassen sich mit Hilfe dieser Theorien modellieren.
 
   
         
Mäanderungen
 
Eine Galaxie
 
Gehirnaktivität beim Hören eines Wortes
 

© Pädagogisches Institut der deutschen Sprachgruppe - Bozen - 2000