Der psychologe Viktor Frankl, der das Konzentrationslager erlebt hat, analysiert, wie sich der Alltag in der Seele der Menschen gespiegelt hat und mit welchen Strategien sie um ihre Lebenserhaltung gekämpft haben. Wichtig war ihm- wie auch der Titel des Buches sagt- trotzdem ja zum Leben sagen, egal wie schlimm und grausam die Umstände waren.
Hunger
„Wenn uns die drei schrillen Pfiffe,
die das »Aufstehen!« kommandierten, noch zu halb nächtlicher Stunde aus dem Schlaf der Erschöpfung und der Sehnsuchtstraume erbarmungslos herausrissen, wenn es jetzt galt,
den Kampf mit den nassen Schuhen aufzunehmen, in die die
wunden und vom Hungerödem geschwellten Füße kaum
hineinzubringen waren, wenn so in den ersten Minuten des
Wachlebens das Gejammer und Geschimpfe über die Tücke
von Objekten, wie Schuhriemen ersetzenden, dann aber brechenden Drähten usw., anhob, wenn man ansonsten tapfere
Kameraden wie Kinder weinen hörte, weil sie schließlich, die
durch Feuchtigkeit zu eng gewordenen Schuhe in der Hand
tragend, bloßfüßig auf den verschneiten Appellplatz hinauslaufen mußten- in diesen gräßlichen Minuten gab es für
mich einen schwachen Trost: ein vom Abend aufgespartes
Stückchen Brot aus der Tasche ziehen und - ganz hingegeben
diesem Genuß - es verzehren.“