Raimund Gregorius ist ein pflichtbewusster, ziemlich spröder Lateinlehrer an einem Gymnasium in Bern. Die zufällige Begegnung mit einer jungen Portugiesin und die Entdeckung eines kleinen Buches des unbekannten portugiesischen Dichters Amadeu Prado führen dazu, dass er aus seinem Leben ausbricht.
Empfehlung:
Dass die Figuren in seinem neuen Roman „Nachtzug nach Lissabon“ nicht zu bloßen Trägern von philosophischen Thesen werden, liegt vor allem daran, dass sie Teil einer fesselnd erzählten Geschichte sind. Eben jener Geschichte um den Berner Lateinlehrer Gregorius, der die Biografie Prados langsam entblättert und dabei auch in seinem eigenen Lebensbuch neue Seiten aufschlägt. Wobei die tiefsinnigen Reflexionen des fiktiven portugiesischen Arztes und Dichters in eine spannende Gedankenwelt entführen und den Leser zum Mit- und Weiterdenken anregen.
Der Tag, nach dem im Leben von Raimund Gregorius nichts mehr sein sollte wie zuvor, begann wie zahllose andere Tage. Er kam um Viertel vor acht von der Bundesterrasse und betrat die Kirchenfeldbrücke, die vom Stadtkern hinüber zum Gymnasium führt. Das tat er an jedem Werktag der Schulzeit, und es war immer Viertel vor acht. Als die Brücke einmal gesperrt war, machte er nachher im Griechischunterricht einen Fehler. Das war vorher nie vorgekommen, und es kam auch nachher nie mehr vor. Die ganze Schule sprach tagelang nur von diesem Fehler. Je länger die Diskussion darüber dauerte, desto zahlreicher wurden diejenigen, die ihn für einen Hörfehler hielten. Schließlich gewann diese Überzeugung auch bei den Schülern, die dabeigewesen waren, die Oberhand. Es war einfach nicht denkbar, daß Mundus, wie alle ihn nannten, im Griechischen, Lateinischen oder Hebräischen einen Fehler machte.