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Maria, Mutter Jesu,
wird auch als "Mutter der Kirche" bezeichnet. Viele Frauen machten
Maria zu ihrem Leitbild, und daraus prägte sich das christliche Frauenbild.
Auch wurde Maria als "Göttin" bezeichnet, als vierte Person
der Trinität. Trotz der hohen Verehrung Mariens und des weiblichen
Ebenbildes in einer von Männern beherrschten Kirche war die Situation
der "gewöhnlichen" Frau denkbar schlecht. Bereits früher,
im dreizehnten Jahrhundert, als es noch die Hexenverbrennungen gab, machte
sich die Kirche schuldig.
Für die Mehrheit
der Bevölkerung, die nicht lesen und schreiben konnte, waren die
farbenfrohen Skulpturen Glaubensverkündigungen und Gebetshilfen.
Durch die Eroberung Lateinamerikas wurde die Mutter Erde profanisiert,
die mütterliche Landeskultur unterdrückt, die Frauen entwürdigt
und entrechtet. Maria macht besonders den Frauen Mut, stärkt ihnen
den Rücken und hilft ihnen, für die eigenen Rechte zu kämpfen,
gegen Missachtung und Ungerechtigkeit der persönlichen Würde
einzutreten. Maria ist der armen Landbevölkerung als Frau menschlich
nahe, die Geborgenheit und Wärme spüren lässt, Freude und
Schmerz zeigt, im Alltagsleben und in den Festen bei ihnen ist. Maria
wird als ihre Befreierin gefeiert. In ihr vereinigen sich die traditionelle
Verehrung der "Erdmutter" (Pachamama) mit der Verehrung der
Mutter Jesu.
Femministische Theologinnen
sehen heute in Maria als Göttin eine Quelle allen Lebens, da sie
jungfräulich, ohne Zutun eines Mannes neues Leben hervorbringen konnte.
Maria - eine emanzipierte Frau?
Maria zeigt sich als
erste Emanze. Wäre sie eine typische Frau ihrer Zeit gewesen, hätte
sie dem Engel gesagt: "Entschuldigung, ich muss zuerst Josef fragen."
Sie wendet sich aber direkt an den Boten und stellt eine rationale Frage:
"Ich habe keinen Geschlechtsverkehr. Wie soll ich ein Kind kriegen?"
Der Engel antwortet ihr, und sie sagt aus ihrem Gottesglauben heraus:
"Ja."
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