Hassfächer
sind Physik und Chemie:
Zu abstrakt, zu trocken, zu anspruchsvoll. Denn die Spaßgesellschaft will auch ihren Spaß beim Studieren haben
Auszüge aus:
Warum es den technischen und naturwissenschaftlichen Fächern an Nachwuchs fehlt;
von Ortwin Renn DIE ZEIT Nr. 13
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... "Denn unbestritten ist: Die naturwissenschaftlichen Fächer
Physik und Chemie sind bei Studienanfängern ebenso unbeliebt geworden
wie die meisten ingenieurwissenschaftlichen Fächer. Der Anteil der
Studierenden ... ist in Westdeutschland von 1990 bis 1997 von 23 % auf
17 % zurückgegangen. ...
Eine große Rolle spielt die Schule: Wenn schon das Elternhaus nicht
mehr die Anreize schaffen kann, Technik und Naturwissenschaft als spannendes
und kreatives Aufgabenfeld zu vermitteln, dann sollte dies der Schule
gelingen. Aber die Befragung von Schülerinnen und Schülern ergibt
ein anderes Bild. Chemie und Physik sind die am meisten gehassten Fächer. (Danach kommt Mathematik) Sie gelten als zu abstrakt, zu wenig lebensnah, zu trocken, zu anspruchsvoll. Die
Schüler vermissen Beziehungen zu ihrem Alltagsleben und praktische Anwendungsmöglichkeiten. ...
Außerdem ist es wichtig, die Lehrinhalte der Fächer ... kritisch
zu durchforsten. Es geht nicht darum, Ansprüche zu senken oder physikalische
Gleichungen zum Spaßfaktor zu erheben. ... Aber die Freude an diesen Fächern muss durch mehr Gestaltungsmöglichkeiten und Praxisnähe gesteigert werden. Physik sollte weniger als ein Kanon unumstößlicher Wahrheiten vermittelt werden, den man auswendig lernen muss. ...
Häufiger Einwand ist, dass dies die Lehrer schon lange tun. Die Paukerei
von Formeln sei doch längst aus der Mode. Viele Lehrer können
das Wort Motivation nicht mehr hören. Sind sie nicht jetzt schon
Alleinunterhalter von gelangweilten und medienübersättigten
Wohlstandskindern? Dies mag aus der Perspektive des Lehrenden oft so erscheinen,
aber die Schüler haben eine völlig andere Wahrnehmung ... Das
Gros fühlt sich weiterhin gelangweilt und klagt über zu viel
Routine im Unterricht." ...
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... Tägliche Show
Physiklehrer sterben aus.
Das ist gut so
von Ulrich Schnabel;
DIE ZEIT Nr. 13
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"Die langweiligste Wissenschaftsshow wird jeden Morgen tausendfach
in Deutschlands Klassenzimmern aufgeführt: schlecht ausgebildete Moderatoren, unmotiviertes Publikum, dröger Stoff. Das Ganze
nennt sich Physikunterricht und bleibt den meisten ihr Leben lang in schlimmer
Erinnerung. "Physik? Das hab ich nie kapiert!"
Da wird es viele freuen zu hören, dass die gefürchtete Spezies
der Physiklehrer bald ausstirbt. Seit Jahren geht die Zahl der Studienanfänger
drastisch zurück ...
Dass der Physikunterricht attraktiver werden muss, das er Pauken durch Experimentierfreude ersetzen und vor allem Lust am eigenen Denken vermitteln sollte, sagen erfahrene Pädagogen schon lange.
Die Stichworte - fachübergreifender Unterricht, Praxisbezug, Multimedia - hat diese Woche wieder einmal die Deutsche Physikalische
Gesellschaft auf ihrer Frühjahrstagung geliefert. Doch all diese Ansätze
sind weitgehend wirkungslos, solange sie der Initiative einzelner Lehrer
überlassen bleiben und sich nicht auch in deren Ausbildung niederschlagen.
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