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Inklusion   umblättern ans ende eine ebene nach oben
von Gitta Bintinger            

 

 

 

Integration - Aspekte einer Vision

Der Begriff Inklusion kann nur im Zusammenhang mit einem Menschen- und Weltbild Gestalt annehmen, das als ganzheitlich bzw. als integral zu bezeichnen ist.

Aus einem integralen Blickwinkel ist jeder Mensch ein "Integrum", eine integrierte Einheit von "Biologischem, Psychischem und Sozialem" (Feuser, G.: Behinderte Kinder und Jugendliche - Zwischen Integration und Aussonderung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1995, S.173.), wie Pestalozzi es ausdrückt also eine Einheit aus Kopf, Hand und Herz. Jeder Mensch hat folglich ein unteilbares Anrecht darauf als gleichwertig und gleichberechtigt respektiert zu werden sowie selbstbestimmter Gestalter seines Lebens innerhalb der Gesellschaft zu sein, ungeachtet der ihm möglichen oder nicht möglichen Leistungen.

Dieses Bild vom Menschen als Integrum löst jenes ab, das den Wert des Menschen an dessen Produktivität misst und im Hinblick auf genormte Leistungskriterien Individuen als "defekt" und "defizitär" klassifiziert.

Geht man von dieser Vorstellung von Mensch und Sein aus, erübrigt sich die Notwendigkeit von Integration, da eine humane und demokratische Gesellschaft keinen Menschen aus ihrer Mitte ausschließt. Nach dem Denk- und Handlungsmodell der Inklusion kann jedes Individuum also darauf vertrauen, dass seine Bedürfnisse und Interessen von der Gesellschaft ohne Selektion und Segregation gewahrt und vertreten werden, da separierende Sondersysteme nicht zu rechtfertigen sind:

   
   
"The term inclusion implies a positive process of building systems which from the beginning include all members of society and therefore, no individual is perceived as segregated. The term inclusion is a positive description of what is meant by the term integration."
(HELIOS II Programme, Thematic Group 9: Enhancing Co-operation between Mainstream and Special Education. A/S Modersmalets Trykkeri,County of Funen, Denmark 1996 S. 7.)

Inklusion bedeutet demnach, dass jeder Mensch

  • als Mensch vollwertig ist
  • unabhängig von irgendwelchen Leistungen, die ihn für die Gesellschaft oder für Teile der Gesellschaft wertvoll erscheinen lassen;
  • die Verpflichtung hat, alle anderen Menschen als Gleichberechtigte anzuerkennen;
  • das Recht hat, als Gleichberechtiger anerkannt zu werden;
  • auf die menschliche Gemeinschaft - auf Dialog, Kooperation und Kommunikation - angewiesen ist, um sich als solcher zu entwickeln;- als Subjekt seines Lebens und Lernens kompetent handelt;
  • das Recht auf uneingeschränkte Teilhabe - Nicht-Aussonderung hat. (Vgl. Spicher, H. J.: Grundlagen des gemeinsamen Unterrichts - Integration von behinderten Kindern in der Regelschule. Verlag Mainz, Wissenschaftsverlag, Aachen 1998, S.51.)

Die ungeheure Radikalität und Tragweite des integralen inklusiven Ansatzes lässt Walther Dreher erahnen, wenn er formuliert:

"Inklusiv denken bedeutet, bis an die Wurzeln unseres Denkens, unserer Gestaltung von Bildung und unserer Weltkonstruktion nach Elementen zu graben, die es uns ermöglichen zu einer Überwindung der defizitären Sichtweise von Menschen zu finden."
(Dreher, W.: Vom Menschen mit geistiger Behinderung zum Menschen mit besonderen Erziehungsbedürfnissen. Unveröffentlichtes Manuskript. Köln 1998.)
 
     
   

Meilensteine auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft und Schule

1981 International Year of Disabled Persons
1983-1992 Decade of Disabled Persons
1983 World Programme of Action in Favour of Disabled Persons
1989 Convention on the Rights of the Child
1990 World Conference on Education for All
1990 United Nations Standard Rules on the Equalization of Opportunities for Persons with Disabilities
1993-2002 Asian Decade of Disabled Persons
1994 World Conference on Special Needs Education - Salamanca Statement
1998 Start des EU-Projektes INTEGER mit einer Konferenz an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Wien
 
     

© Pädagogisches Institut der deutschen Sprachgruppe - Bozen - 2000