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FREIHEIT & GRUPPENGESETZ 2 |
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von George Kuppens |
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Gruppen ohne innere (interne) Konflikte gibt es nicht. Denn in jeder Gruppe entsteht sowohl Ablehnung wie auch Anziehungskraft. Einige übernehmen das gemeinsame Ziel, Ideal ganz und arbeiten es aus, andere nehmen es mehr oder weniger an, wieder andere beachten es nicht und wollen es auch nicht kennen. Wie in jedem lebendigen Organismus gibt es innerhalb der Gruppen ein dauerndes Hin und Her der Kräfte. Außerdem muss jedes Mitglied der Gemeinschaft in der Gruppe sein sittliches Wertgefühl (seine sittliche Würde) erwerben und wahren können, was auch beinhaltet, dass von ihm immer vollständige und freiwillige Einsatzbereitschaft erwartet werden. Diese natürliche Verschiedenartigkeit verlangt nach gemeinsamen (allgemeinen) Regeln des Miteinanderlebens, um den Erhalt der Gemeinschaft abzusichern. Das Gruppengesetz ist sozusagen die amtliche Bestätigung (für die) der Freiheit und (die) der Verschiedenartigkeit.
Das Gruppengesetz besteht auch nicht in der Organisation von Kinderparlamenten oder -gerichten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Formen des Parlamentarismus und der Demokratie für Kinder in der Schule keinen Sinn ergeben. Kodifiziertes Recht hat für sie keinerlei Bedeutung. Wenn das Recht also nicht durch die Versammlungen von Volksvertretern wie im Spiegelbild der menschlichen Gesellschaft geschaffen wird, so doch durch die Lehrpersonen und die Kinder, die in einer authentischen Schulgemeinschaft leben. |
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Von Anfang an wird der Raum den Kindern in völliger Freiheit anvertraut. Es handelt sich jedoch um eine illusorische (Illusion von) Freiheit, wenn man darunter eine willkürliche Nutzung des Raumes versteht. Die Bewegungs- und Wortfreiheit finden ihre Grenze im Gruppengesetz, das seinerseits aus einem gemeinsamen Willen entstanden ist (als Äußerung eines gemeinsamen Willens). In der Erlaubnis, den "Schulraum'' frei in Besitz zu nehmen ... unter gewissen Bedingungen, findet dieses Gesetz seine Rechtfertigung. Ursprünglich erwächst die Notwendigkeit des Gruppengesetzes (zu einem Gruppengesetz) also aus der Bewegungsfreiheit im Klassen- und im Schulraum. Das Gruppengesetz erlaubt und fördert
Den Kindern steht es also frei, innerhalb der festgelegten Regeln ihre eigenen Entschlüsse zu treffen und auszufahren. Es gibt keinen ungesetzlichen (widergesetzlichen) Zwang. Die Achtung, Einschätzung und auch Änderung des Gesetzes obliegt allen und bildet ein fortwährendes pädagogisches Ziel (Projekt). Obwohl das Gesetz ausreichende Beständigkeit (von einer gewissen Beständigkeit sein sollte) gewähren soll, kann es infolge der Bewertung abgeändert werden. Die Regeln und die Abänderungen werden veröffentlicht, sind allen seit Beginn ihres Schullebens bekannt und werden von allen gelebt.
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Kinder
müssen in der Tat am ersten Tag schon an die gute Sitte des Miteinanderlebens
gewöhnt werden. Alle Kräfte und Werte in den Kindern müssen zum Aufbau dieses Miteinanderlebens ausgeschöpft werden. In diesem Zusammenhang sollte hervorgehoben und betont werden, dass die Schulstruktur mit Stammgruppen eine natürliche Übertragung des Gesetzes erlaubt. Denn die "Neuen" in einem Zyklus werden auf natürliche Art von den "Älteren" eingeweiht und eingewiesen. Von diesem Gesichtspunkt her erweist sich die Einteilung in Zyklen von drei Jahren als vorteilhaft gegenüber den Zyklen von zwei Jahren. Bei einem Zwei-Jahres-Zyklus wechselt schließlich die Hälfte der Schüler, und das kann zu einem Verlust des Gleichgewichtes führen, vor allem wenn die neue Hälfte stärker als die ältere ist. In einem Drei-Jahres-Zyklus hingegen bleiben zwei Drittel Bestandteil der Stammgruppe. Dadurch entsteht eine gewisse Kontinuität im Klima der Lebensgemeinschaft und eine sicherere und wirkungsvollere Übertragung der gelebten Werte. Die Gruppe verändert sich also nie vollständig. Jedes Mal gibt es ein Drittel neuer Mitglieder. Für die neu Hinzugekommenen bedeutet die Aufnahme in einen Zyklus eine wirkliche Einführung in das Leben einer anderen Gruppe; außerdem ist es im Falle der Einschulung ein natürlicher Wechsel und ein Übergang vom Vorschul- zum Primarschulleben ... und wir wissen ja, wie harmonisch und auch progressiv dieser Übergang vor allem für die etwas langsameren und die etwas schwächeren (weniger begabten) Kinder sein soll. Ein drei Jahrgänge umfassender Zyklus hat also einen höheren Erziehungs- und Bildungswert als ein Zwei-Jahres-Zyklus und umso mehr als eine Jahrgangsklasse. Was soll man wohl von unserem Schulsystem halten, das auf die Jahrgangsklasse aufgebaut ist? Die natürliche Übertragung der Verhaltensmuster für Arbeit und Gesellschaft wird erschwert und schier unmöglich gemacht. Welch ein Unsinn! Das
Gruppengesetz wird innerhalb der Stammgruppen vermittelt, verändert und
natürlich gelebt und erlebt.
Kurzum, ein klares, aber flexibles (anpassungsfähiges) Gesetz regelt das Zusammenleben. Das Recht wird durch die Stammgruppen und die Schulgruppe insgesamt übertragen und verändert. Kinder und Erwachsene bestimmen gemeinsam diese Veränderungen. Die Mitbestimmung erstreckt sich auch auf gewisse Entscheidungen in Bezug auf Lerninhalte und -methoden. Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung sowohl in Eltern- wie in Schulkreisen beinhaltet Reform nicht Disziplin- und Respektlosigkeit, Laxismus (Laschheit) und Sichgehenlassen. Ganz im Gegenteil, die Reform beruht auf der Einführung des Gruppengesetzes, einer Rechtsordnung, die das gemeinsame Schulleben bestimmt. Es handelt sich nicht um eine Schule, die durch Lässigkeit charakterisiert wird und in der Lehrer Kumpel sind. Für Peter Petersen ist Disziplin also ein persönliches und ein gemeinschaftliches Gefüge. Die gesellschaftliche Stellung eines Schülers wird dadurch tief gehend verändert. Ein solches Klima in der Schule prägt die menschlichen Beziehungen, wie Peter Petersen sagt: "Über alles Äußere hinaus wichtig ist nun, was sich an rein menschlichen Beziehungen anbahnt, d. h. die Einordnung in die Wertewelt einer Schule, die sich unter die Idee der Gemeinschaft und der Bruderschaft stellt. Erst damit öffnet sich der Umkreis sittlicher und persönlicher Erziehung." (Petersen, Peter, Der Kleine Jenaplan, 60. Auflage, Weinheini 1980, S. 32f.) Um ein Beispiel zu geben, beschreibt er fünf Situationen aus der Praxis, aus denen wirkliche Beziehungen entstehen können:
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© Pädagogisches Institut der deutschen Sprachgruppe - Bozen - 2000 |