Zertifiziert
Wie arg muss
es denn in den anderen Staaten ausschauen, wenn unsere Schüler
zu den Weltbesten gehören, sagte mir ein erfahrener Lehrer,
der immer von einem dramatischen Niveauverlust klagt.
Gelernt wird wenig oder gar nichts, sagt er,
sie seien schrecklich ungebildet und schwer zu motivieren.
Es brauche sehr viel Engagement und sehr
viel Liebe zum Beruf um durchzuhalten und vor allem brauche
es gute Nerven.
Ein schwieriger
Beruf, der Lehrberuf, aber auch eine wunderbarer, der vielleicht
individuell befriedigt, gesellschaftlich aber
kaum anerkannt ist. Immer noch glauben die Leute,
dass Lehrer nicht viel tun, zu lange Ferien haben, eine Frauenberuf
eben, ein Nebenberuf quasi.
Und dann nörgeln
alle an der Schule herum und schieben ihr alle Versagungen
der Jugend in die Schuhe, alle Unfähigkeiten der Eltern in
der Erziehung werden auf die Schule abgewälzt. Wenn die Kinder
früh rauchen und sogar früh Alkohol trinken, ist die
Schule Schuld, sie sollte die Kinder informieren und auf die Schäden
aufmerksam machen. Wenn die Kinder die Verkehrsregeln nicht einhalten,
ist das Schuld der Lehrer, die keine Verkehrserziehung vermitteln,
und wenn die Kinder sexuell werden und unkeusch, ist auch die
Schule Schuld, weil sie die Kinder nicht richtig aufklärt
...
... Aber das
mit dem Lesen ist ja relativ. Es fällt ja
auf, dass da jene Staaten gewinnen, in denen die Urbanität
noch nicht so stark vorgedrungen ist,
Finnland, Korea. Wie sollen Wiener oder Berliner Kinder gut lesen,
wenn sie in Klassen lernen, wo 90 Prozent Ausländerkinder
sind und sie nach der Schule vor dem Fernseher sitzen oder auf
der Straße sind? Die lesen ja nie.
Pisa hat die
Misere der Klassenschule und der Klassengesellschaft
aufgedeckt, dass wir gut sind ist auch darauf zurückzuführen,
dass wir in einem relativ interklassistischen Gesellschaftsgefüge
leben und in unseren Schulen praktisch keine Ausländerkinder
sind.
Es wird also
noch viel zu diskutieren geben, aber inzwischen freuen wir uns
und sind stolz.
Arnold
Tribus
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