Daporta Anita
Montag, 23. September 2019
Zuletzt geändert: Donnerstag, 10. Oktober 2019
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Für Peter Petersen ist die Schule eine „Lebensstätte“ und nicht eine „Unterrichtsanstalt“. Der wesentliche Unterschied besteht für den Pädagogen darin, dass erstere an der ganzen Person des Kindes interessiert ist. Sieht man die Schule als Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, in der die Schüler/innen v.a. durch das Spiel und die Sprache ihr Welt- und Selbstbild aufbauen, bedingt diese Sichtweise, dass die Sprachkompetenz der Kinder fundamental ist und das Gespräch eine große pädagogische Aufgabe hat. Die Entwicklung der Gesprächsfähigkeit, verbale und nonverbale Handlungsmöglichkeiten zu fördern, zuhören und verstehen sind eine wichtige Voraussetzung für den Wissenserwerb, aber v.a. auch im sozialen Zusammenleben der Menschen.
Am besten kann diese Fähigkeit in einer heterogenen Gruppe gelernt werden: Alle Schüler/innen finden mit der Zeit zu einer gemeinsamen Sprachkultur und machen das Lernen intensiver und ertragreicher. Dazu müssen echte Gesprächsanlässe geschaffen oder aufgegriffen und klug pädagogisch genutzt werden. Auch muss jeder, auch der Lehrer, abschätzen, inwiefern seine Äußerungen und Ausführungen jetzt vonnöten sind, denn die Jenaplan-Schulen pflegen das schweigende Denken und das schweigende Handeln. Wir starten in den Tag, indem wir uns auf dem runden Teppich treffen, der in jeder Reformklasse ausliegt. Dieser Teppich ist der pädagogische Ort für Kreisgespräche, an denen alle teilnehmen. Die Form des Teppichs ist fundamental, weil sie es nicht möglich macht, dass es bessere oder schlechtere Plätze gibt. Alle Plätze sind gleich, wie auch alle Gesprächsteilnehmer gleichwertig sind. Wir beginnen oft mit einem Morgenkreis, in dem die Schüler/innen erzählen dürfen, was ihnen wichtig ist. Dazu ist die Kreisform auch günstig, weil so jeder jeden gut sehen kann.
Es gibt nach Petersen viele verschiedene Kreise, weil jedes Treffen nach dem Sinn dieses benannt ist. So gibt es den Planungskreis, den Berichtkreis, den Lesekreis, den Evaluationskreis und viele mehr. Im Laufe eines Schultages gibt es immer wieder Gesprächskreise, wobei wir versuchen, aktuelle Anlässe zu benutzen, um eine Gesprächskultur mit den Kindern zu erarbeiten. Einerseits üben wir dabei den Gebrauch der Standardsprache, festigen aber auch die Teilkompetenzen Hören, Aufnehmen, Verstehen, Sich- Einbringen und das Aufeinander- Eingehen. Zum Gelingen ist es fundamental, dass es klare Regeln gibt, an die alle Schüler/innen sich zu halten haben:
- Wer etwas sagen will, meldet sich zu Wort.
- Es redet nur ein Kind.
- Wir sagen und begründen unsere Meinung.
- Wir hören einander zu.
- Alle Meinungen werden akzeptiert.
- Wir sind ehrlich zueinander und schwindeln uns nicht an.
Diese Regeln einzuüben ist sehr wichtig, weil ohne sie ein sinnvolles, wertvolles Gespräch nicht möglich ist. In der Klasse fassen wir sie unter dem Oberbegriff „Gesprächsregeln“ zusammen (vgl. Eichelberger, Harald: Die Bildungsgrundformen und Heger, Ingrid: Das Gespräch IN: Eichelberger, Harald, Wilhelm, Marianne: der Jenaplan heute- eine Pädagogik für die Schule von morgen, Innsbruck, Wien, München, Studien- Verlag, 2000, S. 40ff, 151ff; Both, Kees: Jenaplan 21, Baltmannsweiler, Schneider Verlag Hohengehren, 2018).
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Kategorie:
Praktische Umsetzung