Zwei verschwundene Mädchen. Keine Leichen.
Im Kriminalroman von Nele Neuhaus kennen wir den Täter bereits zu Beginn, denn er sitzt schon in Haft. Verraten von den Bewohnern seines kleinen Dorfes.
Erst als er Jahre später wieder nach Hause zurückkommt und zufällig eine der Mädchenleichen gefunden wird, beginnt die Fassade zu bröckeln. Laut Fundort kann er gar nicht der Täter gewesen sein...
Empfehlung:
Selten habe ich einen Krimi gelesen, der so voller Einzelheiten ist, dass es auch beim mehrmaligen Lesen nicht langweilig wird.
Absolut lesenswert!
8
»Hallo, Schneewittchen«, sagte er leise. Der Schweiß trat
ihm auf die Stirn. Die Hitze war kaum auszuhalten, aber sie
mochte es so. Schon früher hatte sie schnell gefroren. Sein
Blick wanderte zu den Fotos, die er für sie neben ihrem Bett
aufgehängt hatte. Er wollte sie bitten, ob er ein neues Foto
dazuhängen durfte. Aber er musste diese Bitte zu einem geeig-
neten Moment anbringen, nicht dass sie beleidigt war. Vor-
sichtig setzte er sich auf die Bettkante. Die Matratze senkte
sich unter seinem Gewicht, und für einen Moment glaubte er
schon, sie habe sich bewegt. Aber nein. Sie bewegte sich nie.
Er streckte die Hand aus und legte sie an ihre Wange. Ihre
Haut hatte im Laufe der Jahre einen gelblichen Farbton an-
genommen, fühlte sich fest und ledrig an. Sie hatte wie immer
die Augen geschlossen, und wenn auch ihre Haut nicht mehr
so zart und rosig war, ihr Mund war so schön wie früher, als
sie noch mit ihm geredet und ihn angelächelt hatte. Eine gan-
ze Weile saß er da und betrachtete sie. Nie war der Wunsch,
sie zu beschützen, stärker gewesen.