Aneignung
von Orientierungswissen
(Orientierung suchen - Ziele setzen -
Schule gestalten, Seite 85f)
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"Die Inhalte,
die in unserer Kultur als "wissenswert" gelten, haben im schulischen Fächerkanon
ihren Platz und ihre Ausprägung gefunden. Gekoppelt an den gesellschaftlichen
Wandel, sind auch sie immer wieder einer Revision unterworfen. Aufschlüsselung
finden diese Inhalte in den Lehrplänen, die dementsprechend konsequent
auf zukunftsfestes Orientierungswissen hin zu überprüfen und weiterzuentwickeln
sind.
Sind Kindergarten
und die ersten Jahre der Grundstufe noch stark dem ganzheitlichen Lernen
verpflichtet, das sich höchstens in gleich gewichtete Bereiche gliedert,
so dominiert doch später das Lernen in Fächern und Fachbereichen. Mit
der größeren Ausdifferenzierung der Wissensbestände ist es durchaus notwendig,
einen thematischen Rahmen für das Lernen zu finden, der das Bilden von
Lernsequenzen, den systematischen Aufbau von Wissen und letztendlich auch
die Bewertung erleichtert. Jedes Fach stellt eine mögliche Form des Zugriffs
auf die Welt, wie sie uns umgibt, dar; durch die breite Palette der Fächer
werden den Lernenden unterschiedliche, nicht austauschbare "Fenster
zur Welt" geöffnet. Eine Einführung in die verschiedenen Vorstellungswelten
ist ein zentraler Kern von Allgemeinbildung. Außerdem bieten Fächer auch
den Rahmen, der es ermöglicht, über spezifische Arbeitstechniken, Fragestellungen
und Fachsprachen verschiedene Zugänge zum Wissen systematisch aufzubauen
und miteinander zu verknüpfen.
So wird fachliche
Strukturierung auch in Zukunft eine der Organisationsformen des Lernens
in der Schule sein, wenn auch nicht unbedingt in der bisher üblichen Art.
Die Verteilung des jährlichen Stundenkontingents in einem Fach wird flexibler
und offener und der Fächerkanon selbst den sich wandelnden Bedürfnissen
angepasst werden.
Gleichzeitig zeichnet
sich aber auch ab, dass die Grenzen des fachlich gebundenen Lernens immer
deutlicher empfunden werden. Viele Fachinhalte sind selbst in ihrer Tiefe
ohne einen systematischen Bezug zu anderen Fächern nicht mehr verständlich.
Die zunehmende Komplexität des Wissens erfordert, dass schulisches Lernen
zur Entwicklung eines tragfähigen Orientierungswissens beiträgt, indem
es einzelne Sachverhalte aus der Perspektive und mit dem Instrumentarium
mehrerer Fächer behandelt und die persönliche Perspektive und den unmittelbaren
Lebenszusammenhang der Lernenden ernst nimmt.
Wir sind immer häufiger
mit Problemstellungen konfrontiert, die in vernetzte Zusammenhänge eingewoben
sind. Auch fundiertes Wissen in einem bestimmten Bereich reicht offensichtlich
nicht aus, um adäquate Entscheidungshilfen zu finden. Es braucht Kenntnis
der Zusammenhänge, disziplinüberschreitende Kooperation, Verkreuzung und
Vernetzung im Denken."
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