Zum Zeitpunkt der endgültigen Eroberung durch die Truppen des Generals Drusus wies die rätische Kultur so besondere und definierte Eigenschaften auf, dass sie nicht einmal durch Niederlagen oder fremde Besetzung ins Schwanken gebracht wurde. Bräuche und Sprache, Alphabet, Haus, befestigte Dörfer und sogar das kulturelle Panorama der rätisch-alpinen Welt waren Elemente, die sich von jenen der lateinisch-mediterranen Kultur dermaßen unterschieden, dass sie im Gebiet sofort erkennbar waren. Die Kultur der befestigten Dörfer und deren unermüdliche Verteidigung sind in den Berichten des Rätischen Kriegs mit Nachdruck beschrieben.
Das von den Römern importierte Modell der städtischen Siedlung - das so genannte Castrum - und der quadratische bzw. rechteckige Stadtplan, spiegelt sich hierzulande in Tridentum, dem heutigen Trient, wieder.
Typische Siedlungen römischer Herkunft sind auch die „neuen Villen“ der römischen Siedler auf dem Land, die oft wenig entfernt von den bestehenden rätischen Dörfern erbaut wurden und meist mit den letzteren friedlich zusammenlebten. Im niederen Teil des Sarca, der zu Kaiserzeiten aus klimatischen, landwirtschaft-lichen und handelsbezogenen Gründen (Hafen von Riva) dicht bewohnt war, sind heute noch im Feldergitter die Spuren der typischen Art der Bodensanierung, Aufteilung und Zuweisung des Landes an Pächter auf Grund eines Gitterschemas mit rechteckigen Parzellen zu erkennen.
Durch die Überschneidung der vorbestehenden rätischen Besiedlung mit der römischen Kolonisierung entsteht zum ersten Mal eine „Landschaft mit Stadtzentren“, die jedoch erst im Laufe der folgenden mittelalterlichen Kolonisationen, vor allem durch germanische Völker, die Form der Kulturlandschaft annimmt, die heute noch unser Land prägt.
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