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Schon ist sie über der Felskante. Das Seil spannt sich, unter ihr der Abgrund. Nur ein Ziel kennt die Geierwally: Sie will das Adlerjunge aus dem Adlernest in ihren Sack packen, den sie umgehängt hat. Knapp oberhalb des Horstes spürt sie einen Luftzug und hört die Schwingen der Adlermutter, die mit gespreizten Klauen angeflogen kommt, um ihr Junges zu beschützen …
Die Wirklichkeit wird wohl etwas bescheidener gewesen sein:
Mit siebzehn Jahren erklärte sich Knittel bereit, an einem Seil hängend einen Adlerhorst in einer Felswand nahe dem Zammer Weiler Madau auszunehmen; eine Praktik, die im 19. Jahrhundert üblich war, um Attacken der Adler auf die Schafsherden des Dorfes zu verhindern. Nach einem nur knapp verhinderten Unglück im Jahre zuvor fand sich kein Freiwilliger mehr und so ließ sich Anna in den Adlerhorst abseilen. Die in Heimatfilmen dramatisch aufbereitete Szene zeigt, wie sie sich nur mit Not gegen den angreifenden ausgewachsenen Adler wehren kann, was in dieser Form wohl nicht der Wahrheit entspricht. Eigenen Aufzeichnungen zufolge packte Knittel das Adlerjunge in ihren Rucksack, schrieb die Jahreszahl auf eine Felsplatte und stieg mit Hilfe der oben Wartenden die Felswand wieder hinauf.
Die Geierwally
Frauen spielen auf der Bühne der großen Geschichte wie auch in vielen Alltagsgeschichten und vor allem auf lokaler Ebene eine hervorragende und prägende Rolle. Das Frauenbiographieprojekt „Frauen der Grenze – donne di frontiera“ würdigt das Leben und Werk von Frauen aus Nord- und Südtirol und dem Trentino.
Hier werden am Beispiel von Maria Ducia, einer frühen Sozialdemokratin,Paula Wiesinger, einer Bergsteigerin und Skifahrerin,Emma Hellenstainer, Touristikerin der ersten Stunde, und der Geierwally Anna Stainer-Knittell vier Kurzbiographien vorgestellt.
Literatur:
Heidi Hintner, Luise F. Pusch, Donatella Trevisan (Hrsg.): Frauen der Grenze. Donne di frontiera, Haymon-Verlag
Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Stainer-Knittel
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Letzte Änderung: 04.02.2012
© Pädagogisches Institut für die deutsche Sprachgruppe - Bozen. 2000 -
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