Tirol als Durchgangsland   zwischen Mittel- bzw. Nord- und Südeuropa war schon immer verschiedenen   Einflüssen ausgesetzt, die in zahlreichen Kunstwerken ihren Niederschlag fanden.   Vor allem entlang der wichtigen Verkehrswege in den Haupttälern (Inntal,   Silltal, Eisacktal, Etschtal, Pustertal) entstanden bedeutende religiöse   Kunstwerke, von denen viele noch erhalten sind. 
											    
											    
                                                St. Prokulus in   Naturns - außen 
©Foto A. Prock 
											  Die ältesten Spuren christlicher Kunst   gehen auf die Römer zurück. Reste von altchristlichen Kirchen finden sich in   Säben südlich von Brixen, in Aguntum, Imst und auf dem Martinsbühel bei Zirl.  
                                                 
                                                Einige Kunstwerke aus karolingischer Zeit (8./.9. Jahrhundert) haben   sich im Vinschgau erhalten, so die Wandmalereien in St. Prokulus in Naturns, in   St. Benedikt in Mals und im schweizerischen St. Johann in Müstair.  
                                                 
                                                Die   Zeit der Romanik (ca. 1000 - ca. 1250) brachte eine Blüte der Wand- und Deckenmalerei. Von den   vielen Beispielen im Süden des Landes sind die Burgkapelle von Hocheppan, die   St. Jakobskirche in Tramin, die Krypta der Klosterkirche von Marienberg und in   Osttirol die Nikolauskirche bei Matrei zu nennen. Künstlernamen sind keine   bekannt. Der bedeutendste romanische Kirchenbau ist die Stiftskirche von   Innichen im Pustertal.  
                                                 
                                                Hauptkennzeichen der gotischen Architektur (ca.   1250 - ca. 1520) ist der Spitzbogen. Ihr Höhepunkt in Tirol ist von ca. 1450 bis   1520 zu sehen und fällt mit dem Reichtum durch den Bergbau, vor allem Silber-   und Kupferabbau, zusammen. In den Städten und auf dem Land entstanden damals   zahlreiche neue Kirchen, ausgestattet mit Flügelaltären und Wandmalereien. Dazu   gehören die Pfarrkirchen von Meran, Sterzing, Bozen, Hall, Landeck, Rattenberg,   Kufstein, Lienz. Eine Sonderstellung nehmen die gotischen Schnitz- und Flügelaltäre ein. Namen von Künstlern sind schon bekannt, denkt man etwa an   Michael Pacher, Hans Multscher und Jörg Lederer. An weltlichen Bauwerken   entstanden Stadthäuser und zahlreiche Burgen.  
                                                 
                                               
											    
                                                Pfarrkirche   Schwaz – außen ©Foto A. Prock 
                                              Aus dem Süden kommend, löst die Renaissance   (ca. 1520 - ca. 1620) die Gotik ab. Nun wird neben der religiösen Kunst auch die   weltliche wichtig, z. B. die Porträtmalerei. Die Renaissance-Architektur hielt   vor allem bei Schlossbauten (Tratzberg, Ambras, Feldthurns, Brixner Hofburg) und   bei Privatkapellen (Silberne Kapelle in Innsbruck) Einzug. Auch das   Maximiliansgrabmal in der Innsbrucker Hofkirche zählt zu den   Renaissancekunstwerken. Ein schönes Beispiel dieses Stils ist weiters die   Rupertkapelle in der Pfarrkirche von Villa Lagarina in Welschtirol. In der   Malerei und bei den Reliefs tritt die Zentralperspektive auf.  
                                                 
                                              Eng mit   der religiösen Volkskunst sind Barock und Rokoko (ca. 1620-ca. 1760) verbunden.   Die Türken-gefahr war mit der erfolglosen zweiten Belagerung Wiens beseitigt, die   Habsburger standen auf dem Höhe-punkt ihrer Macht. Bis in die kleinsten Täler   wurden Kirchen umgebaut oder neu errichtet. Dazu gehören die Stadtpfarrkirche   (der heutige Dom) St. Jakob in Innsbruck, der Dom in Brixen, die großen Stifte   (Neustift bei Brixen, Marienberg, Gries bei Bozen, Stams, Fiecht, Wilten), die   Basilika Wilten, die Liebfrauenkirche auf Säben und viele mehr.   Eigenartigerweise hat sich im Etschtal der neue Stil nicht stark verbreitet,   umso mehr im nördlichen Tirol.  
                                              Während der Süden des Landes vor allem von   Italien beeinflusst ist, zeigt der Norden die Orientierung nach Süddeutschland.   Bedeutende Baumeisterfamilien waren im Süden die Delai, im Norden die Gumpp und die Singer. Als Tafel- und   Freskomaler sind vor allem Mitglieder der Familien Waldmann und Kessler,   Paul Troger, der Augsburger Matthäus Günther, der Wiener Hofmaler Josef Adam   Mölk, Martin Knoller, Michelangelo Unterberger sowie Mitglieder der   Künstlerfamilien Zoller und Zeiller zu erwähnen. In der Plastik und im Altarbau nahmen   Andreas Thamasch, Cristoforo und Teodoro Benedetti sowie Dominikus Molling eine   herausragende Stellung ein.  
                                                 
                                               
                                                
                                                Pfarrkirche   Sterzing – außen ©Foto A. Prock 
                                               
                                              Dem Barock folgt der Klassizismus (ca.   1770-ca. 1820), in der Malerei etwa vertreten durch Josef Schöpf.  
                                              Das 19.   Jahrhundert wird von der Romantik und dem Historismus beherrscht. Im Historismus   wurden vergangene Stile aufgegriffen und neu interpretiert, man spricht von   Neuromanik, Neugotik, Neurenaissance, Neubarock etc. Neben Kirchen im   neuromanischen Stil (Pfarrkirchen von Bruneck und Telfs, Herz-Jesu-Kirchen in   Bozen und Innsbruck) sowie im neugotischen Stil (St. Nikolauskirche in   Innsbruck, Grabstätte Erzherzog Johanns in Schenna nahe Meran) entstanden im   Zuge der Stadterweiterung ganze Stadtviertel im Stil des Historismus (z.B.   Villenviertel im Innsbrucker Saggen und in Meran). Die Malerei dieser Zeit wird   von der Gruppe der Nazarener bestimmt, die ihre Ursprünge in der gotischen Kunst   sehen. Zu ihnen gehören Franz Hellweger aus St. Lorenzen im Pustertal, Franz   Stecher aus Nauders und Caspar Jehle sowie Franz Plattner und Albert Steiner von   Felsburg. Als wohl bedeutendster Historienmaler ist Franz von Deferegger   anzusehen.  
                                                 
                                                Der Jugendstil steht an der Wende zum 20. Jahrhundert. Im   folgenden Expressionismus tritt Albin Egger-Lienz besonders hervor. 
                                                 
                                               
                                                
                                                Silberne Kapelle   in Innsbruck – innen ©Foto A. Prock 
  
  St. Prokulus in   Naturns – Malerei innen ©Foto A. Prock 
 
 
Literatur: 
Gelmi Josef: Geschichte   der Diözesen Bozen-Brixen und Innsbruck, 5 Hefte (von den Anfängen bis zur   Gegenwart), Kehl am Rhein, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998.  
Gelmi Josef:   Geschichte der Kirche in Tirol, Innsbruck 2001.  
Naredi-Rainer Paul,   Madersbacher Lukas (Hg.): Kunst in Tirol – Von den Anfängen bis zur Renaissance,   Innsbruck-Wien-Bozen 2007.  
Naredi-Rainer Paul, Madersbacher Lukas (Hg.):   Kunst in Tirol – Vom Barock bis in die Gegenwart, Innsbruck-Wien-Bozen 2007.  
Die Gotik – Tiroler Ausstellungsstraßen, Mailand 1994.  
Barock und Rokoko   – Tiroler Ausstellungsstraßen, Mailand 1995.  
Andergassen Leo: Kunstraum   Südtirol, Bozen 2007. Andergassen Leo: Südtirol – Kunst vor Ort, Kunstführer   Südtirol, Bozen 2002.  |