Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wandte sich   eine Gruppe Tiroler Autoren, Künstler und Musiker mit der Zeitschrift   „Jung-Tirol“ gegen die katholisch-religiöse Prägung in der Literatur und die   herrschende Literaturpolitik.  
											  Hauptfiguren der Gruppe waren Hugo Greinz (1873 –   1946), der Lyriker Arthur von Wallpach (1866 – 1946) und der Dramatiker Franz   Kranewitter (1860 – 1938). Nicht zum engeren Kreise gehörte Karl Schönherr aus   Axams (1867 – 1934), der lange Zeit als einer der wichtigsten und   erfolgreichsten österreichischen Dramatiker des 20. Jahrhunderts galt.  
											  Den   Anschluss an moderne literarische Strömungen suchte Ludwig von Ficker (1880 –   1967) mit der ab 1910 in Innsbruck erscheinenden Zeitschrift „Der Brenner“ , die   zunächst vor allem für den Südtiroler Querdenker Carl Dallago (1869 – 1949) ein   wichtiges Publikationsforum war. Später erschienen in der Zeitschrift auch Texte   bedeutender Autoren wie zum Beispiel Gedichte Georg Trakls und Elke   Lasker-Schülers.  
                                                 
                                                Die Angliederung Südtirols an Italien zog vor allem in   Südtirol, aber auch in Nord- und Osttirol eine Rückkehr zu traditionellen   Themen und literarischen Formen nach sich. Die literarische Landschaft der   Zwischenkriegszeit war in Südtirol vor allem bestimmt durch das epische Werk   Hubert Mumelters (1896 – 1981), Joseph Georg Oberkoflers, Maria Veronika   Rubatschers, Franz Tumlers (1912 – 1998) und der Lyrik Gerhard   Koflers, Gabriele von   Pidolls; in Nordtirol vor allem durch Josef Leitgeb (1897 – 1952). Manche   Autoren ließen sich auch durchaus von den Ideen des Nationalsozialismus   beeinflussen. So zum Beispiel Franz Tumler, der im Dritten Reich als   Schriftsteller äußerst erfolgreich war. Nach dem 2. Weltkrieg distanzierte er   sich allerdings von seinen Werken aus dieser Schaffensperiode. Heute gilt er als   Autor der Moderne.  
                                                 
                                              Auch das Ende des 2. Weltkrieges brachte keine   wesentliche Veränderung. Dieselben Autoren, die bereits in der   Zwischenkriegszeit in Erscheinung getreten waren, veröffentlichen auch   weiterhin; eine Auseinander-setzung oder Anknüpfung an literarische Strömungen   der Moderne findet nicht statt. Dies gilt umso mehr für Südtirol, wo die   kulturpolitisch konservative Grundhaltung der dominierenden politischen Kraft   jede Erneuerung verhindert.  
											  Norbert Conrad Kaser beschreibt diese Situation in   seiner Brixner   Rede folgendermaßen: „Gibt es Südtiroler Literatur? Gab es Südtiroler   Literatur? Für jeden Normaldenkenden und Unvorbelasteten taucht außer Walther   von der Vogelweide nichts Nennenswertes bei dieser Frage auf. Also gab es und   gibt es außer Walther nichts. Es gibt keine Südtiroler Literatur! Das stimmt.“  
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