Eine Frau an der Spitze des   Landes 
											   
  „1341, Juli. Die Heuschrecken flogen durch das Land vor Bozen und die   Etsch abwärts. Sie sammelten sich im Pustertal, und die jungen Käfer fraßen das   Korn, das man  für das Vieh in Stall mähen musste. Jedermann musste mit seinem   Hausgesinde mit Besen und Stäben auf die Käfer losschlagen und dabei schreien.   Auf solche Weise konnte man sie, wenn sie noch klein waren und noch nicht   fliegen konnten, aus den Weingärten und Äckern hinausbringen … Allein in der   Stadt Bruneck füllte man drei große Keller mit Heuschrecken. In Brixen und Eppan   tötete man sie mit kochendem Wasser und vergrub sie und wurde ihrer doch nicht   ganz Herr. Sie verwüsteten den Wert von vielen tausende Mark an Weizen, Roggen,   Gerste, Fenchel und Hirse, und wo sie übernacht lagen und was sie überflogen,   wurde aufgefressen. Dies geschah im Jahre 1341, im Monat Juli …“ Nach: Außerer   Karl: Die „Bozner Chronik“ und ihre Nachrichten zur Geschichte der Stadt Bozen,   in: Der Schlern 3 (1922), S. 386-392  
											     
										       
											    
                                                Margarete   Maultasch – Schloss Ambras, 
                                              Spanischer Saal © Prock 
Graf Heinrich von Tirol, König von Böhmen, hatte keinen Sohn, weshalb seine   Tochter Margarete seine Nachfolgerin in Tirol und Kärnten wurde. Beide Länder   waren vor allem wegen des Verkehrs und Handels sehr wichtig, weshalb sich   verschiedene Adelsfamilien für Margarete interessierten: die Wittelsbacher in   Bayern, die Habsburger in Wien und die Luxemburger in Böhmen. 
       
  Die   zwölfjährige Margarete musste den achtjährigen Johann Heinrich von Böhmen heiraten. Die Ehe war unglücklich und blieb kinderlos. In Tirol nahm   der Einfluss der Böhmen in der Regierung zu, was den Tiroler Adeligen nicht   passte. Mit der Zustimmung Margaretes erfolgte die Vertreibung ihres ersten   Gatten. Er fand bei seiner Rückkehr von einer Jagd die Burgtore von Schloss   Tirol verschlossen und musste fliehen. 
     
  Eine zweite Ehe ging Margarete mit   dem Bayern Ludwig von Brandenburg ein. Dieser holte Vertrauensleute aus Bayern nach Tirol.   Allerdings war Margaretes Ehe mit ihrem ersten Mann noch nicht geschieden.   Deshalb belegte der Papst Margarete und das Land Tirol mit dem Kirchenbann. Als   auch in Tirol verschiedene Katastrophen wie Erdbeben, Pest, Überschwemmungen,   Brände und Heuschreckenplagen auftraten, schob man die Schuld Margarete zu. 
  
  Rudolfsbrunnen am Boznerplatz in Innsbruck 
© Prock 
 
  In diesem Konflikt mit dem Papst vermittelten die Habsburger und Herzog   Albrecht II. von Österreich konnte die Ungültigkeit der ersten Ehe Margaretes   und die Loslösung vom Kirchenbann beim Papst erreichen. Die zweite Ehe   Margaretes wurde nun anerkannt. 
   
  Als Margaretes zweiter Gatte Ludwig von   Brandenburg starb, übernahm ihr Sohn Graf Meinhard III. die Regierung in Tirol. Doch dieser starb im Jänner 1363. Margarete war   nun Landesfürstin. Wer sollte jedoch nach ihr Tirol regieren? 
   
  Der   Habsburger Herzog Rudolf IV. der Stifter konnte erreichen, dass Margarete 1363   Tirol an die Habsburger überschrieb. Zum 500-jährigen Jubiläum wurde in Innsbruck am Boznerplatz der   Rudolfsbrunnen aufgestellt, zum 600-jährigen Jubiläum am Landhausplatz ebenfalls   ein Denkmal. Die Fürstin ging nach Wien und lebte dort bis zu ihrem   Tode. 
   
  Woher kommt die Bezeichnung „Maultasch“? Es gibt kein   zeitgenössisches Porträt der Gräfin, alle Bilder sind später entstanden.   Berichte beschreiben sie sogar als sehr hübsch und es gibt keinen einzigen   Hinweis auf eine körperliche Missbildung. Vermutlich wurde der Beiname als   Schimpfwort für Frauen verwendet, die einen schlechten Lebenswandel führten. Die   Bezeichnung könnte auch von einem Südtiroler Schloss bei Terlan stammen.  
 
 
  
  Denkmal   am Landhausplatz in Innsbruck ©   Prock 
 
 
Literatur 
Außerer Karl: Die „Bozner   Chronik“ und ihre Nachrichten zur Geschichte der Stadt Bozen, in: Der Schlern 3   (1922), S. 386-392  
Katalog: Margarete Maultasch, Ausstellung auf Schloss   Tirol, 2007  
www.das-mittelalter.de/frauen_im_mittelalter.htm  
www.geschichtsforum.de/f51/die-stellung-der-frau-im-mittelalter-1616 
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