Neben Gott verdanke ich Romedius mein Leben. Diese   Tafel soll meinen Dank zeigen und dessen Lob hervorheben. Getroffen war mein   Fuß, zerschmettert von einem Stein, der sich losgerissen hatte. Ohne die   Fürbitte von Romedius bei Gott wäre ich sicher im Grab. Die Ärzte gaben mir   keine Chance. Als ich mit Schmerzen im Bett lag, betete ich zum hl. Romedius.   Ich klagte ihm mein Leid und legte mein Leben in seine Hände. Von Tag zu Tag   ging es mir besser, zum Erstaunen von jedermann. Heute kann ich wieder arbeiten.   Dafür sei der hl. Romedius gepriesen, der mir geholfen hat. Diese Tafel hier   soll mein Dank sein. (Votivtafel in der Romediuskirche oberhalb von Thaur in   Nordtirol, Text sinngemäß wiedergegeben). 
											   
										       
											    
                                                St. Georgenberg als   Wallfahrtsort 
©Foto A. Prock 
                                              Der gläubige Mensch sucht nach Orten, wo er   die Nähe Gottes erleben kann. Neben den bedeutenden und zeitlich aufwändigen   Pilgerfahrten nach Rom (Gräber der Apostel Petrus und Paulus), ins Heilige Land   (Wirkungsstätten Jesu) und nach Santiago de Compostela (Grab des Apostels   Jakobus des Älteren) entstanden überall in Europa kleinere Wallfahrtsorte, die   in wenigen Stunden oder Tagen erreicht werden konnten.  
                                                 
                                                Wallfahren kommt   von „wallen“ (umherschweifen), und von „fahren“ (ursprünglich jede Art der   Fortbewegung). Zu jeder Wallfahrt gehören Weg und Ziel,   denen man sich seelisch, geistig und körperlich zuwendet.  
                                                 
                                                Anlässe für   Wallfahrten hat es im Laufe der Geschichte mannigfaltige gegeben: Kriegszeiten,   Hungersnöte, Naturkatastrophen, Krankheiten, die Pest, Unwetter etc. Vieles   davon ist heute nicht mehr relevant, doch sind neue Anlässe dazugekommen: Suche   nach dem Sinn des Lebens, Abkehr von der Hektik und dem Stress des Alltags,   Rückbesinnung auf Gott, wirtschaftliche und politische Unsicherheit etc.  
                                                 
                                                Die ältesten Tiroler Wallfahrten gehen vermutlich noch auf die Zeit vor   1000 zurück (Kreuzgang nach Säben, Wallfahrt nach St. Georgenberg). Viele der   alten Wallfahrten dürften ihren Ursprung in heidnischen Kulten haben   (Quellheiligtümer, Fruchtbarkeitssymbole). Ein Großteil der Tiroler Wallfahrten   entstand jedoch im Mittelalter.  
                                                 
                                                Am zahlreichsten sind in Tirol die   Marienwallfahrtsorte vertreten, wo Statuen oder Bilder der Muttergottes mit dem   Jesukind, die Schmerzensmutter (Pietà) und Nachbildungen bedeutender Kultbilder   (etwa Kopien des Mariahilfbildes von Lukas Cranach, der Gnadenbilder „Maria   Loreto“, „Unsere Liebe Frau vom Guten Rat“, „Maria Schnee“ und „Maria von der   immerwährenden Hilfe“) verehrt werden, so zum Beispiel in Südtirol in Maria Trens,   Maria Weißenstein und in Riffian, in Nordtirol in Maria Waldrast, Kaltenbrunn,   Absam, Locherboden, St. Georgenberg und Mariastein sowie in Osttirol in Obermauern bei   Virgen.  
                                                 
                                                                                             
                                                
                                                Votivbild von einem   Wallfahrtsort 
  Spitalskirche Latsch Vinschgau 
©Foto A. Prock 
                                               
                                                Unter   den Heiligen sind vor allem die Viehpatrone St. Leonhard, St. Valentin und St.   Silvester zu nennen, aber auch der hl. Antonius. Daneben bestehen auch   Christuswallfahrten und Kreuzwallfahrten.  
   
                                                Beinahe jede Gemeinde Tirols   hat ihre kleine Pilgerstätte, oft in der Einsamkeit des Waldes oder einer   Schlucht verborgen. Die Menschen mussten früher zu Fuß gehen, Gnadenorte waren   oft innerhalb einer Tagesreise erreichbar.  
   
                                                In vielen Wallfahrsorten   entstanden im Zusammenhang mit den Bittgängen und Wallfahrten Aufzeichnungen   über Gebetserhörungen und Wunder auf Mirakeltafeln und in Mirakelbüchern. Häufig   zeugen auch Votivgaben (nicht mehr benötigte Krücken, Wachs- und Holzvotive von   Gliedmaßen, Tieren, Wickelkindern u. a.) und Votivbilder von   Gebetserhörungen und Dankesbezeugungen.  
   
                                              Um zahlreiche Wallfahrtsorte   ranken sich Legenden, die den Ursprung der Wallfahrt oder wunderbare   Gebetserhörungen zum Inhalt haben.  
                                              Man kann hier verschiedene Gruppen   unterscheiden.  
                                              Viele Wallfahrten gehen auf wunderbare Erscheinungen und   Weisungen zurück.  
                                              In anderen Legenden wird von gefundenen und verehrten Kultobjekten (Statuen von Heiligen bzw. der Muttergottes, Kreuze etc.)   berichtet. Aufgrund von Wundern, welche die Bevölkerung magisch anzogen, wurden   Kapellen errichtet. Ein Gnadenbild konnte aus einem Fluss geborgen, im Schutt   entdeckt oder auf wundersame Weise irgendwo aufgefunden werden. Weiters konnte   von weinenden Marienbildnissen sowie blutenden und schwitzenden Darstellungen   des Heilands berichtet werden. Sehr häufig wurden aber auch Kopien von   bedeutenden Bildnissen zur Verehrung aufgestellt.  
                                                 
                                                 
                                                Literatur: 
                                                Praxmarer Inge, Drexel Hermann: Votivbilder aus Tirol,   Reihe Tiroler Kulturgüter, Innsbruck 1998.  
                                                Rampold Reinhard: Kapellen in   Tirol, Reihe Tiroler Kulturgüter, Innsbruck 2003.  
                                                Markovits Martina und   Klaus: Auf Wallfahrtswegen in Tirol, Wanderungen in Innsbruck und Umgebung,   Innsbruck 2000. (weitere Bände über das Tiroler Unterland, das Tiroler Oberland,   Osttirol)  
                                                Dollinger Inge: Tiroler Wallfahrtsbuch, Innsbruck 1982. (auch   Südtirol berücksichtigt)  
                                                Dollinger Inge: Unsere Liebe Frau von Tirol,   Innsbruck-Wien-Bozen 1987. (auch Südtirol berücksichtigt)  
                                                Pfarl Peter: Die   schönsten Wallfahrtsorte Österreichs, Graz 2004. (auch Südtirol berücksichtigt)  
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