Das Lehrergespräch
Umso weniger die Lehrperson
redet, desto mehr lernt das Kind. Wenn man die alltägliche Situation in
unsern Schulklassen beobachtet, scheint eine solche Aussage völlig paradox,
denn in der Tat: der Lehrer hört praktisch nie auf zu reden.
Er
- erklärt,
- befiehlt,
- tadelt,
- stellt Fragen und
- fragt ab usw.
Man braucht nicht
einmal auf die zahlreichen Untersuchungen über das Verhalten von Lehrern
hinzuweisen, die deutlich das Übermaß an "unterrichtender Rede"
(Lehrerwort) in der Klasse aufgezeigt haben ... und das sogar im Sprachunterricht
in dem das erklärte Ziel doch Kommunikation heißt. Es scheint als ob das
unterweisende Wort eine pädagogische Leere ausfüllen oder die Angst des
Erwachsenen vor Kindern oder Jugendlichen verdecken müsse.
Der Jenaplan lehnt
es ab, dem Gerede einen solch großen Platz und eine solch große Bedeutung
einzuräumen: "Das Geschwätz
zurückhalten ist eine wesentliche Bedingung für jede Bildung und jedes
Lernen." (F. Hegel)
Aus diesem Grund muss
zuallererst das Lehrerwort eingeschränkt werden, Es muss eine andere Form
annehmen und so wieder eine wert- und wirkungsvollere Stellung im Schulleben
einnehmen. Die Jenaplan-Schulen sind also in gewisser Weise Schulen
der Stille und der Ruhe. Sie geben dem Denken und der
stillen Handlung (Tat) den Vorrang.
Es ist in diesem Zusammenhang
fast unvermeidbar, an Célestin Freinets
"L'aventure" zu denken. Freinet, der sich als Kriegsheimkehrer mit von
Kampfgasen zerstörter Stimme gezwungen sah, andere Mittel und Lehrtechniken
als gerade das Wort zu erfinden und zu benutzen. Man sagt dass dieser
Verlust der Stimme erst die Bedingung für einen wahren Lernprozess bei
den Kindern schuf.
Wenn der Lehrer in
einer Jenaplan-Schule auch kein Schwätzer ist, so bleibt er doch auch
nicht stumm. Er versucht das wirklich lehrende und unterweisende Wort
zu finden oder wieder zu finden. Dieses Wort muss jedoch - wie gesagt
- eine andere Form annehmen und so eine wirkungsvollere Rolle im Schulleben
einnehmen.
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