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'Lebens- und
Arbeitsgemeinschaft
Autonomes
Lernen
Stammgruppe
Feier
Spiel
Arbeit
Gespräch
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Die Auffassung
von Freiheit können wir anhand der in diesen Schulen bestehenden Bewegungsfreiheit
einschätzen.
Für den
Schüler bedeutet eine Unterrichtsstunde eine lange Zeit der Bewegungslosigkeit
die auf eine andere Stunde ohne körperliche Bewegung folgt und auf die
- wenn es nicht gerade eine Pause gibt - wieder eine ebenso bewegungslose
dritte Stunde folgt. Meist bedenken und berücksichtigen wir das recht
genug.
Der Lehrer
kann zwischendurch immerhin
- aufstehen,
- gestikulieren,
- in der Klasse auf-
und abgehen,
- ein Fenster öffnen,
- an die Tafel schreiben,
- sich wieder hinsetzen.
Der Lehrer
ist aktiv, während er den Unterricht gibt oder erteilt, die Kinder
hingegen bleiben ohne Bewegung, passiv. Das scheint für Lehrer
wie auch für Eltern völlig normal zu sein.
Glaubt
man jedoch Ärzten und Physiologen, dann sind Kinder, die nicht
herumlaufen oder sich bewegen können oder dürfen, in den Zustand eines
Säuglings zurückversetzt. Aus psychologischer Sicht handelt es sich um
eine Verkümmerung, eine rückläufige oder regressive Entwicklung. Unser
Schulsystem trägt die Passivität der Schüler in sich. Wer sich darüber
dann beklagt, ist und macht blind.
Wirkliche
Bewegungsfreiheit besteht darin, dass sich Kinder in den Räumlichkeiten
der Schule frei bewegen können.
- Jeder Schüler darf
nach Belieben frei ein- und ausgehen.
- Verantwortlich
für diese Freiheit und in dieser Freiheit ist er der Gruppe gegenüber.
Sie verfügt
über das Gruppengesetz.
Alle unsere Erfahrungen zeigen, dass Kinder sich dieser Freiheit zum Guten
bedienen. Der Schüler, der diese Freiheit zu missbrauchen droht, wird
schnell von Lehrern und andern Mitgliedern der Gruppe erkannt. Gemeinsam
kann er dann zur Vernunft gebracht werden.
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Davon kann man
sich überzeugen, wenn man heute einen der zahlreichen Kindergärten
besucht und dort Kinder von 3 bis 6 Jahren beobachtet, die im Alltag
Bewegungsfreiheit
genießen. Sie kommen und gehen bei ihrer Arbeit, beim Spiel und
beim Werken, sie wechseln die Gruppe, den Raum und die Tätigkeit
in Ruhe, Ordnung und ungetrübter Heiterkeit und Gelassenheit.
Aber dann beim
Eintritt in die "große" Schule, werden sie plötzlich so behandelt,
als wären sie unfähig, mit einer solchen Bewegungsfreiheit umzugehen.
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Natürlich,
es ist klar, dass der unantastbare und hochheilige Kollektiv- und Frontalunterricht
dieser Freiheit nicht mehr als eine Minute lang Widerstand leisten könnte.
Adel verpflichtet,
und sei das Resultat noch so absurd!
Was ist
wohl von einem Sekundarunterricht zu halten, der sich zwar "renoviert"
nennt, aber Jahrgangsklassen von weniger als sechs Schülern kollektiven
Frontalunterricht verordnet und zumutet? Der Jenaplan
lehnt das Eingeschlossensein ab und führt die Bewegungsfreiheit ein, wie
sie zu Anfang dieses Abschnittes beschrieben (definiert) wurde, und das
aus zwei verschiedenen Gründen: einerseits physiologischer, andrerseits
sozialer Art.
Der Drang
zur Bewegung ist ein ebenso starkes und inniges organisches Bedürfnis
des (Klein)kindes wie das Bedürfnis nach Schlaf oder nach Nahrung. Bis
zum Alter von zehn Jahren ist die Bewegung im Laufe eines Tages eine absolute
Notwendigkeit. Wenn man dies berücksichtigt versteht man den Alarm- und
Schreckensruf von Peter Petersen: "Bewegung
ist die Nahrung des wachsenden kindlichen Körpers, ihre Unterbindung Verbrechen
an seiner Gesundheit." (Petersen, Peter, Der Kleine
Jenaplan, 60. Auflage, Weinheim 1980, S. 24.)
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Wenn
man bedenkt, wie sehr die Gesundheit sowohl die Quantität
wie auch die Qualität des Lernens beeinflussen kann, wird
die Wichtigkeit der Bewegungsfreiheit innerhalb des schulischen Raumes
erst so richtig deutlich. Außerdem bringt sie die ganz natürliche Lösung
von Problemen wie Konzentrationslosigkeit und mangelnde Aufnahmefähigkeit
mit sich. Denn die freie Bewegung wirkt wie ein Ventil für die mannigfaltigen
Spannungen und Ermüdungserscheinungen im Laufe eines Schultages. Zudem
ermöglicht die freie Bewegung viele Kontakte zwischen den Schülern und
spontanes gegenseitiges Helfen. Aus dem Leben in der Gruppe erwachsen
eine Fülle von Gelegenheiten, einander zu helfen und zu unterstützen.
Über die Bewegungsfreiheit findet die Idee der Gemeinschaft und Brüderlichkeit
Eingang in die Schulwelt. Schule wird zum Lebensraum,
zur Lebensgemeinschaft.
Wie großartig
ist doch diese Bewegungsfreiheit. Sie bewirkt mehr als das physiologische
Gleichgewicht und die Gesundheit der Kinder, mehr als bessere Konzentration
und Aufnahmefähigkeit. Sie bündelt soziale Verhaltensweisen wie
Solidarität, Brüderlichkeit, Hilfsbereitschaft und bringt sie zur Entfaltung.
All das ist für eine Lebensgemeinschaft unentbehrlich.
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