Zeugnisformen
pädagogisches
Leistungsverständnis
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Für die Diskussion
der Brauchbarkeit der verschiedenen Zeugnisformen sind zwei Kriterien
wichtig:
- Die
Praktikabilität des Verfahrens:
Für eine Zeugnisform besteht nur dann eine Aussicht darauf, dass sie
von der Mehrheit der LehrerInnen akzeptiert wird, wenn sie mit vertretbarem
Aufwand und ohne übertriebene Anforderungen an ihre Beurteilungskompetenz
anwendbar ist. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Schultradition:
Durch ihre eigenen Erfahrungen in der Schule und durch ihre Sozialisation
in Ausbildung und Beruf neigen die Lehrer dazu, "am Bewährten festzuhalten",
"sich nicht auf Experimente einzulassen" und die bekannte Zeugnisform
zu bevorzugen, selbst dann, wenn sie damit relativ unzufrieden sind.
Natürlich kommt es vor, dass eine neue Form der Schülerbeurteilung von
Amts wegen eingeführt wird, doch die Erfahrungen mit solchen Maßnahmen
zeigen eindeutig, dass LehrerInnen sie leicht unterlaufen oder pervertieren
können. Anders ausgedrückt: Ohne das prinzipielle Einverständnis der
direkt Betroffenen lässt sich keine Zeugnisreform sinnvoll durchsetzen.
Das heißt aber nicht, dass durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen eine
progressive Veränderung der Einstellungen nicht zu erreichen wäre. Nur
braucht das intensive Bemühungen und Zeit.
- Der
Bezug zu den vorherrschenden Funktionen der Schülerbeurteilung
Die Form des Zeugnisses ist nicht wertneutral. Sie spiegelt im Prinzip
sehr deutlich die Funktion(en), die das Zeugnis in der Gesellschaft
hat. Eine Zeugnisform, die den gesellschaftlich definierten, besonders
impliziten, Funktionen der Schule nicht entspricht, hat wenig Chance,
von den politischen und schulischen Autoritäten akzeptiert und eingeführt
zu werden.
So wird eine Gesellschaft, die der Schule in erster Linie eine Auslese-
und Sozialisationsfunktion auferlegt, dafür sorgen, dass die Zeugnisform
besonders für diese Ziele brauchbar ist. Das wird meist so deutlich
nicht gesagt, weil es sich politisch nicht gut verkaufen ließe, sondern
es wird mit Hilfe von akzeptableren Argumenten verschleiert - es wird
dann davon gesprochen, dass das Zeugnis ja auf das Leben in der Leistungsgesellschaft
vorbereiten müsse und dass nur mit einer vergleichenden Bewertung das
Niveau der Schülerleistungen aufrechtzuerhalten sei.
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