Plädoyer für die Abschaffung
der Zeugnisse (Heide Bambach)
pädagogischer
und
unpädagogischer Leistungsbegriff
pädagogisches
Leistungsverständnis
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Je nachdem, wie weit
man bereit ist, bei Alternativformen der Schülerbeurteilung zu gehen,
lassen sich unterschiedlich viele Zeugnisformen unterscheiden. Die Praxis
in unterschiedlichen Ländern und in den verschiedenen Richtungen der Reformpädagogik
hilft dabei, den Rahmen der praktischen Möglichkeiten abzustecken. Deutlich
wird dabei einerseits der relativ große Variantenreichtum von Zeugnisformen,
andererseits aber auch die geringe Zahl von Typen, auf die sich diese
Varianten zurückführen lassen.
Zeugnisformen, die
zu sehr von dem Gewohnten abweichen, haben kaum eine Chance, sich durchzusetzen.
Auch spielt bei der Entscheidung für die eine oder andere Form eine Rolle,
um welchen Schultyp oder um welche Klasse es sich handelt. So wurden in
Deutschland Lernberichte für die beiden ersten Schuljahre generell eingeführt,
für die Klassen 3 und 4 und erst recht für die weiterführenden Schulen
sind weiterhin Notenzeugnisse obligatorisch, weil hier der Auslesefunktion
eine ausschlaggebende Rolle spielt. In andern Ländern, etwa Dänemark oder
Italien, ist die politische Situation eine andere, und deshalb gibt es
hier eine notenfreie Bewertung bis zu einem weit späteren Zeitpunkt.
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Interessant ist auch
die Situation in den "Alternativ"-Schulen. Diese haben als Privatschulen
eine relativ große Autonomie und nutzen diese bei der Zeugnisform. Vielleicht
ist die Kontrolle des Staates hier deshalb weniger streng, weil diese
Schulen gesellschaftlich eine Randposition haben und deshalb die Leistungsbewertung
in den Staatsschulen nur wenig beeinflussen.
Es gibt grundsätzlich
nur sechs Formen von Bewertung, die für die schulische LB in Frage kommen:
- die traditionellen
Noten/Punkte (Noten- oder Punkt-Zeugnis)
- die Einschätzung
auf der Basis eines vorgegebenen Einschätzbogens (Raster-Zeugnis)
- das Zusammenstellen
einer eigenen Bewertung mit Hilfe von vorgegebenen Formulierungen (Baustein-Zeugnis)
- die freie Bewertung
(Verbal-Zeugnis, Lern(entwicklungs)bericht)
- das Portfolio
(die Leistungsmappe), die die Leistungen eines Schülers nicht bewertet,
sondern lediglich dokumentiert
- die Schüler-Selbstbewertung
- das Elterngespräch
ohne schriftliche Bewertung (Elternsprechtag).
Sicher gibt es noch
andere Möglichkeiten. So lassen sich verschiedene Bewertungsformen kombinieren,
meist sind sie einfach Varianten der erwähnten Verfahren.
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Jedes dieser Bewertungsmodelle
hat seine Vor- und Nachteile, seine Anhänger und seine Gegner. Es kann
also nicht darauf ankommen, das "perfekte" Bewertungsmodell zu finden
und es dann für die schulische Leistungsbewertung verbindlich zu machen.
Andererseits ist es notwendig, innerhalb eines Schulsystems oder wenigstens
eines Schultyps eine gewisse Standardisierung der Leistungsbeurteilung
zu garantieren, und zwar aus zwei Gründen:
- um Lehrer, Schüler
und Eltern nicht zu verwirren oder zu verunsichern
- um eine gewisse
Vergleichbarkeit zu gewährleisten.
Diese Standardisierung
ist besonders wichtig, wenn es um Ausleseentscheidungen geht: Hier müssen
Bewertungsbedingungen und -formen innerhalb eines Landes soweit übereinstimmen,
dass die Vergleichbarkeit der Bewertung gewährleistet ist.
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