Verlauf
der Unterrichtseinheit
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Die Begeisterung der
Schüler war groß, als sie erfuhren, ein Buch ganz lesen zu dürfen, das
auch sehr spannend zu sein schien. Da aber das Buch nur als halber Klassensatz
zur Verfügung stand, ergab sich im Gespräch und nachdem die vorhandenen
Bücher durchgeblättert worden waren, dass jeder aus jeder Gruppe einmal
das Buch mitnehmen und zu Hause ein Kapitel lesen sollte. Das sollte auch
die Grundlage für Besprechungen im Unterricht sein, wobei das "vorbereitete"
Kind der Experte für das Gespräch in der Klasse sein sollte. Als in der
darauf folgenden Stunde das erste Kapitel gelesen wurde, war die Bestürzung
der Kinder groß. Der Vorfall, dass Arnolds Kopf in die Kloschüssel gedrückt
wurde (siehe Zitat aus dem Buch von Renate Welsh), rief Abscheu und Ekel
hervor, und alle bekannten einmütig, dass sie ja auch viel Quatsch machten,
aber so etwas (so wurde an dieser Stelle noch spontan formuliert) wäre
niemand in den Sinn gekommen.
"Aus der Nachbarkabine
tönte ein Schrei und dann ein Geräusch wie Gurgeln, ein scheußliches Geräusch.
Michel zerrte am Reißverschluss seiner Hose, sein Hemd war eingezwickt.
Er zog den Pullover so weit hinunter wie möglich und öffnete die Tür.
Da standen fünf oder sechs Jungen aus seiner Klasse, johlten und grölten,
Rücken an Rücken dicht gedrängt. Plötzlich aber öffnete sich ein Spalt
und Michel sah Arnold über die Klomuschel gebeugt, von Bertram und Klaus
an beiden Schultern festgehalten. Wo war sein Kopf? Der steckte in der
Muschel! Von dort kam das Gurgeln und Keuchen. ......" Zitat aus dem Buch
von Renate Welsh
Wegen der vorherrschenden
Bestürzung unter den Kindern wurde dieses erste Kapitel sodann unter einfühlsamer
pädagogischer Beratung des Lehrers in der Klasse besprochen und dann auch
zum Anlass genommen, den folgenden Bericht ans Schwarze Brett zu schreiben:
Wir
haben über den Titel des Buches "Sonst bist du dran !" gesprochen und
herausgefunden, dass dieser Satz gesagt wird, wenn jemand bedroht oder
erpresst wird. Wir haben uns in Gruppen aufgeteilt und überlegt, wie die
Geschichte wohl weitergehen könnte. Zuerst aber eine Frage: Solch ein
Vorkommnis wie in dem Buch, dass ein Kind mit dem Kopf in die Kloschüssel
gestülpt wurde, ist bei uns zum Glück noch nicht passiert. Ist so etwas
Schlimmes schon mal bei euch passiert ?
So könnte die Geschichte in dem Buch unserer Meinung nach weitergehen:
- Vielleicht
holt der Arnold Freunde aus der 5. Klasse und lässt die beiden Täter,
Klaus und Bertram, verprügeln.
- Michel,
der unbeteiligte Zeuge, hält sein Schweigen nicht mehr aus und verrät
am nächsten Tag der Lehrerin, wer die Täter waren. Daraufhin wird er
von einer Bande verkloppt.
- Die
Lehrerin bekommt die böse Tat heraus und Klaus und Bertram erhalten
Schulverbot.
Es
grüßen euch Carina, Pamela, Tobias und Stefan, Klasse 4b der Horstschule,
Herne
Eine Antwort kam am
übernächsten Tag. Die Kinder aus Geiselsberg in Südtirol reagierten mit
folgendem Text:
Wir
haben über den Vorfall im Klo gesprochen, und wir haben uns mit der Frage
beschäftigt, ob bei uns auch mal so was ähnliches passiert ist. Bei uns
ist voriges Jahr auch mal so was ähnliches passiert. Zwei Buben haben
einen Mitschüler unter den Wasserhahn gesteckt und das kalte Wasser aufgedreht.
Dem einen Schüler hat niemand geholfen. Die anderen Schüler haben nur
zugesehen, bis ein Mädchen zu einer Lehrperson gegangen ist; dann hat
eine Lehrperson eine saftige Strafe gegeben. Folgende Fragen haben wir:
-
Wie hätten die Schüler in eurer Klasse reagiert?
-
Wie hätten die Lehrpersonen in eurer Klasse reagiert?
Lukas,
Armin und Christoph - Grundschule Geiselsberg, Südtirol
Ein Beitrag kam auch
von den Schülerinnen und Schülern der Donkschule aus Duisburg.
Hallo!
Wir sind Anna Lena, Selina, Christian und Stefan aus der 4.Klasse der
Donkschule in Duisburg. Wir haben eure Beiträge zum Thema Gewalt gelesen
wir möchten folgendes dazu schreiben: wir finden, dass man eine Menge
mit Worten regeln, kann! Bis auf manche Dinge, die nur Lehrer regeln können.
Zum Beispiel: über Drohungen mit Messern oder Erpressungen um Geld. Man
sollte unbedingt einem vertrautem Menschen sagen, wenn man bedroht wurde.
Eure
Klasse 4 b!
Aus dieser "Eröffnungsrunde"
am Schwarzen Brett leiteten sich in der Horstschule intensive und aufgeregte
Gespräche über wirklich bösartige Streitigkeiten ab, die man sich auch
hier, wie jetzt zum Vorschein kam, vereinzelt gegenseitig zufügt. In dieser
Folge wurde im Klassenverband unter sensibler Moderation des Lehrers über
Streitschlichtungsverfahren gesprochen und es wurden solche Umgangsformen
verabredet, die Gewalt verhindern können.
Da einige Kinder dieser
Klasse auch in der Zeitungs-AG mitarbeiten, die monatlich eine Schülerzeitung
erstellt, kam der Wunsch auf, über dieses Projekt einen Bericht zu schreiben.
Horstschule
im Internet
Seit Oktober 1998 hat die Horstschule einen Internet - Anschluss. Unsere
E-Mail-Adresse lautet: Horstschule@cityweb.de
Im November haben wir an einem Schulversuch teilgenommen, wo es darum
ging, dass wir uns mit anderen Schülern aus anderen Städten über Gewalt
in der Grundschule ausgetauscht haben. Dazu haben wir das Buch "Sonst
bist du dran" gelesen und unsere Meinung dazu ins Internet gestellt. Die
anderen Schüler haben darauf geantwortet und weitere Fragen gestellt,
die wir wiederum versucht haben zu beantworten.
So geht die Geschichte weiter: Auf dem Heimweg erlebt Michel im Park,
dass Arnold wieder das Opfer ist. Michel wird entdeckt und mit den Worten
bedroht: "Sag bloß nichts, sonst bist du dran". Er trägt das Problem mit
sich herum , wird unruhig , ängstlich und krank. Am nächsten Morgen wird
er in der Schule von Bertram aufgefordert, in der Bande mitzumachen. Wir
überlegen jetzt: Wie fühlt sich Michel? Soll er seinen Eltern was sagen
oder der Lehrerin? Soll er in der Bande mitmachen? Wir sind ganz gespannt,
wie die Geschichte weitergeht.
Ina, Özkan, Steffi, Nadine und Sacide aus der Klasse 4b der Horstschule
Im Foyer des Lern-
und Arbeitsbereiches "Friedensfähigkeit" lässt sich der gesamte damalige
Ablauf der "Gespräche", die Kinder am Schwarzen Brett geführt haben, ablesen.
Im Laufe der Unterrichtseinheit
ergab sich schließlich der Wunsch, das Buch als Theaterstück aufzuführen.
Die Diskussion darüber stellte aber klar, dass damit große Schwierigkeiten
verbunden sind. So wurden Alternativen gesucht und die Klasse kam auf
die Idee, Standbilder von einzelnen Szenen darzustellen. Alle Kinder sollten
mitwirken. Die Rollen wurden verteilt und die Standbilder festgelegt.
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Von
den Standbildern hier wieder nur ein Auszug:
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Über der Kloschüssel
Bertram und Klaus halten Arnold an beiden Schultern und drücken sein Gesicht
in die Kloschüssel. Michel sieht dies und sagt nichts.
Im Park 1
Michel sieht Arnold in einem Kreis stehen, der von Klaus, Bertram, Fanny
und anderen gebildet wird. Dort wird Arnold von jedem ins Gesicht geschlagen.
...
Zu Hause
Michel liegt krank im Bett, die Eltern kümmern sich liebevoll um ihn.
Betroffenheit in der Klasse Frau Hafner liest die Gewaltzettel vor. Die
Schüler sitzen betroffen auf ihren Stühlen. ...
Gemeinschaftsarbeit
Die Klasse arbeitet gemeinsam an einer Patchwork-Decke. Michel und Arnold
Michel überreicht Arnold den Schal.
In Kleingruppen beschäftigten
sich die Schüler mit der pantomimischen Darstellung, die noch einmal die
Ganzschrift in anderer Weise aufarbeitete. Dabei stellten die Kinder fest,
dass sie fast alle sehr große Schwierigkeiten hatten, ihre Gefühle durch
Körpersprache auszudrücken.
Dann war es endlich
soweit. Die anderen Klassen wurden zur Aufführung der Standbilder eingeladen.
Ein Kind übernahm die Rolle des Vortragenden, der die Gäste begrüßte und
die einzelnen Standbilder erläuterte. Nach der Vorführung hatten die Gäste
Gelegenheit, nachzufragen oder ein kurzes Gespräch zu führen. Von der
Parallelklasse kam der Wunsch, das Buch auch zu lesen. Aber eine Krönung
des Ganzen war, dass die Kinder auch ihren Eltern das Stück zeigen konnten.
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