Lernsoftware muss ein aktuelles "didaktisches Design"
besitzen
Lernsoftware
muss zunächst und grundlegend ein "didaktisches Design"
besitzen. Das heißt, dass die in der Software aufbereiteten Inhalte
nicht beliebig sind. Die Auswahl und Anordnung der Inhalte (das ist Didaktik
im engeren Sinne) muss fachdidaktisch auf der Grundlage von allgemeinpädagogischen
und bildungspolitischen Grundlegungen begründet werden. Das kann
im einfachsten Fall mit Bezug auf die gültigen Lehrpläne geschehen,
denn diese sollten die didaktischen Standards erfüllen. Leider aber
sind die Lehrpläne nicht immer aktuell. Nicht alles, was einmal gelernt
worden ist, ist sinnvoll, auch weiterhin gelernt zu werden. Daher kann
eine Begründung der Inhalte auch damit erfolgen, dass auf die bildungspolitische
und bildungstheoretische Diskussion der Bildungsziele für eine zukunftsorientierte
oder zukunftsoffene Schule Bezug genommen wird.
Lernsoftware
muss ein aktuelles "lerntheoretisches Design" besitzen
"Neue
Medien zum Zwecke des Lernens" müssen/sollen ein qualitätsvolleres
Lernen unterstützen oder auslösen.

Neue
Medien müssen daher alle Ansprüche erfüllen, die sich aus
den neuesten Ergebnissen der Lernforschung ergeben. Neue Medien müssen
ein eigenaktives, selbstverantwortetes, kommunikatives, verstehendes,
nachdenkendes, experimentierendes, bewertendes, überprüfendes,
bezweifeldes Lernen, kurz gesagt, ein konstruktives Lernen unterstützen,
fördern und herausfordern.

Ein
aktuelles lerntheoretisches Design bedeutet heute: ein constructional
design, mit dem das Medium und individuelle Gehirne "gekoppelt"
werden
Hypermedien
und Multimedien sowie Lern- und Arbeitsumgebungen können diesen Zweck
der Kopplung erfüllen, wenn sie folgende Forderungen erfüllen:
Erstens:
Sie müssen mindestens den Kern einer themenbezogenen (didaktisch
überdachten) hypermedialen Informations- oder
Wissensdarstellung anbieten, mit einem in Metadokumenten
offengelegten Hypertext und einer durchdachten Navigation. Ergänzend
können Suchfunktionen für die begriffliche Suche verfügbar
sein. Die Informationsbasis sollte ebenfalls Ideen anbieten, wie die mediale
Arbeitsumgebung - selbstorganisiert und in einfach zu organisierender
Weise - in möglichst viele individuelle und gruppenbezogene (auch
ortsübergreifende) Lernumgebungen eingebettet werden kann.
Zweitens:
Sie sollten einfach zu bedienende Werkzeugfunktionen zur Bearbeitung
und Ergänzung der Wissensbasis verfügbar machen. Denn: Niemals
wird es eine hypermediale Wissensdarstellung geben können, in der
ein Thema für alle Lernenden komplett aufbereitet ist. Schon die
unterschiedlichen Ausgangszustände eines Individuums - bezogen auf
Vorerfahrungen, Sachwissen, kognitive Strategien, Einstellungen, Motivationen
und Interessen - machen dies unmöglich.
Drittens:
Sie müssen sowohl für eine ergänzende als auch für
umstrukturierende Wissens-Konstruktion offen sein. Dazu
dienen Werkzeuge u.a. zum Schreiben und
Kalkulieren, zur Bild- und Tonbearbeitung sowie zum Präsentieren,
Simulieren und Modellieren. In
Lern- und Arbeitsumgebungen, die auf Bildungsservern
liegen, gibt es mindestens einfach zu bedienende Werkzeugfunktionen zum
Kooperieren (Galerie) und zum Kommunizieren (Forum).
Lernsoftware
muss gestalterisch den state of the art des Web-Designs erfüllen
In Bildungsservern,
im Internet oder auf CD-ROM öffentlich gemachte und veröffentlichte Neue
Medien sollten den state of the art eines guten gestalterisches Web-Design
erfüllen. Dazu wird hier verwiesen auf Frank Thissen: Screen Design,
Springer, 2000.
Behinderungen
bei der Entwicklung guter Designs
Erfüllt
man die Bedingungen eines guten Designs, so gerät man häufig mit
dem zur Zeit auch noch von Lehrpersonen oder von Eltern Gewünschtem auf
Grund des Beharrungsvermögens von mehrfach überlernten Einstellungen,
Werthaltungen, Lernkonzepten und Unterrichtsskripten in Widerspruch.
Auch Software-Verlage wollen z.B. keine Bewertung von Neuen Medien auf
der Grundlage des state of the art von Didaktik und Methodik, sondern
den Markt entscheiden lassen, was "richtig" (also verkaufbar) ist. Der
Markt aber verstärkt dann genau das oben bezeichnete Beharrungsvermögen.
Auf diesem Hintergrund gibt es daher heute noch immer Neue Medien zum
gezielten Lernen in Form von Lernprogrammen
(ob sich diese im Netz oder auf CD-ROM befinden, ist dabei gleichgültig)
mit einem überholten lerntheoretischen Design. Eines dieser überholten
Designs ist das der Crowder-Programme (siehe hierzu die mehrfach verzweigten
Buchprogramme aus den 60er und Anfang 70er Jahren) auf der Basis behavioristischer
Annahmen von positiver Verstärkung bei richtiger Antwort und neutraler
Reaktion bei falscher Antwort. Aber es gibt einen Trost! Auch mit diesen
Programmen (programmiertes Lernen) kann man einen Lernzuwachs erwirken,
weil der Mensch eben auch ein Säugetier ist.
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