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Gesellschaftliche Rolle des Zeugnisses

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Schule und Gesellschaft

gesellschaftliche Funktionen
der Schule

gesellschaftliches und
schulisches Leistungsprinzip

pädagogischer und
unpädagogischer Leistungsbegriff

die Rede von der
Leistungsgesellschaft (Klafki)

 

Nimmt man offizielle Dokumente zur Hand, so gewinnt man den Eindruck, dass es bei der schulischen Bewertung in der Hauptsache oder sogar ausschließlich um eine möglichst objektive Überprüfung des Wissens und der Kompetenzen der Schüler, also um die Qualifikationsfunktion, geht.

Es gibt detaillierte Lernzielkataloge für die einzelnen Fächer, auf die sich die schulische Bewertung meist explizit bezieht. Auch ohne soziologische Analyse der gesellschaftlichen Funktionen der Schule weiß man, dass das nicht die ganze Wahrheit sein kann.

Schulische Bewertung hat, neben ihrer wichtigen Rückmeldefunktion für Lehrer, Schüler und Eltern, Funktionen, die direkt mit der gesellschaftlichen Funktion der Schule zusammenhängen und sich unmittelbar daraus ergeben.

Es fällt auf, dass in der pädagogischen Diskussion um Zeugnis und Zeugnisreform diese gesellschaftlichen Funktionen kaum je angesprochen werden, so, als sei die Schülerbeurteilung ein ausschließlich pädagogisches Problem und müsse nach rein pädagogischen Kriterien gelöst werden. Wäre dem so, es gäbe nicht die hartnäckigen Widerstände bestimmter gesellschaftlicher Gruppen gegenüber der Reform eines Notenzeugnisses, das so schon lange nicht mehr haltbar ist.

     
   

Die Schule erfüllt mit Hilfe des Zeugnisses und über die Notengebung die Funktionen, die ihr von der Gesellschaft aufgetragen oder besser auferlegt werden:

  1. Das Zeugnis bescheinigt dem Schüler ein bestimmtes Wissen bzw. bestimmte Kompetenzen: dies entspricht der Qualifikationsfunktion.
  2. Das Zeugnis gibt Auskunft über das Sozial- und Arbeitsverhalten des Schülers: dies bezieht sich auf die Sozialisationsfunktion.
  3. Das Zeugnis ist die Basis für die Auslese der Schüler für die weiterführenden Schulen und für die berufliche Ausbildung: dies entspricht der Selektions- und Allokationsfunktion.
  4. Das Zeugnis rechtfertigt über die unterschiedlichen schulischen Leistungen gesellschaftliche Ungleichheit: dies entspricht der Legitimationsfunktion.

Die Betonung der verschiedenen gesellschaftlichen Funktionen des Zeugnisses hat seine Bedeutung. Die Existenz dieser Funktionen ist nämlich die einzig plausible Erklärung dafür, dass an dem bestehenden schulischen Bewertungssystem bis heute kaum etwas geändert wurde, und dies, trotz seiner wissenschaftlichen Unhaltbarkeit und seiner pädagogischen Unbrauchbarkeit.

 
     
   

Anders ausgedrückt: Das Notenzeugnis erfüllt seine gesellschaftlichen Funktionen zufriedenstellend, besser als die Alternativen, und ist damit gegen Änderungen weitgehend abgeschirmt.

Die Tatsache, dass die gesellschaftlichen Funktionen in der Pädagogik so wenig berücksichtigt werden, obwohl sie doch von so entscheidender Bedeutung sind, hängt sicher damit zusammen, dass es keine ganz "ehrenhaften" Funktionen sind. Damit ist gemeint, dass sie nicht in das Bild einer demokratischen Gesellschaft und Schule passen, in der Chancengleichheit bestehen sollte:

"Wo aber die Rede von Chancengleichheit vorgibt, Realität zu beschreiben, ist sie Ideologie oder erzeugt sie Ideologie, d.h. falsches Bewusstsein, hinter dem sich das Interesse an der Aufrechterhaltung bestehender Ungleichheit und an der Sicherung bestimmter Privilegien verbirgt"
(W. Klafki, 1975, S. 87).

 
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