das Dilemma schulischer
Leistungsbeurteilung
Doppelfunktion
schulischer
Leistungbewertung (H. Bartnitzky)
pädagogischer
und
unpädagogischer Leistungsbegriff
pädagogisches
Leistungsverständnis
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B. Weidenmann
bezeichnet das Dilemma der Schülerbeurteilung so: "Schule soll die Entwicklung
von Kindern fördern und zugleich Selektionsentscheidungen über
diese Kinder treffen." Diese zwei gegensätzlichen Aufgaben lassen sich
nicht oder nur sehr schwer vereinbaren:
"Fördern und
Selektieren definieren völlig unterschiedliche pädagogische Situationen.
Für das Fördern ist es wertvoll, dass die Lernenden ausprobieren,
Fehler machen, etwas riskieren, mit anderen kooperieren, im eigenen
Zeitrhythmus vorgehen usw. Für das Selektieren sind Objektivität,
Vergleichbarkeit, normierte Leistungsanforderungen charakteristisch." |
Und er betont:
"Die Förderung lässt sich nicht mit Beurteilungsformen leisten, die
auf Selektion zugeschnitten sind." (B. Weidenmann, in: Bambach
u.a., o.J., S. 64). |
Diese
Unterscheidung deckt sich weitgehend mit der im französischen Sprachraum
verbreiteten Unterscheidung von formativer und summativer
Evaluation. Und hier macht Weidenmann einen
einfachen und praktikablen Vorschlag:
"Ich plädiere
dafür, beide Formen (förderndes und selektierendes Beurteilen) so
strikt wie möglich zu trennen. Lehrern wie Schülern sollte jederzeit
absolut klar sein, ob sich im Klassenzimmer gerade eine fördernde
oder eine selektierende Bewertung ereignet." |
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Objektivität
Vergleichbarkeit
normierte
Leistungsanforderungen
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Hier sollte man, denke
ich, noch einen Schritt weitergehen. Es ist ja nicht so, dass in der Schule
ständig auch Selektionsentscheidungen zu treffen sind. Selektierendes
Beurteilen sollte strikt auf solche Zeitpunkte beschränkt bleiben,
in denen Selektion unabweislich ist, und das sind im Laufe der Schulzeit
nur wenige, in der Regel gilt das für den Schluss eines Lernzyklus,
also am Ende der Grundschule oder der weiterführenden Schule, möglicherweise
auch noch zwischendurch einmal.
Hier wird von der
Schule eine Selektionsentscheidung erwartet, die sie auch schlecht zurückweisen
kann. In diesen Situationen sind die oben erwähnten Kriterien (Objektivität,
Vergleichbarkeit, normierte Leistungsanforderungen) sinnvoll und notwendig.
Übrigens haben Länder wie England und die
Niederlande genau diese Unterscheidung getroffen,
wobei diese Bewertung allerdings nicht von der Schule selbst durchgeführt
wird, sondern von externen Experten. Ob diese Lösung die beste ist, sei
einmal dahingestellt ist.
Doch unabhängig davon,
wie das Selektionsproblem gelöst wird, nur durch diese klare Trennung
ist es möglich, die übrige Schulzeit vom selektiven Beurteilen zu entlasten
und sich hier ganz dem Förderauftrag der Schule zuwenden. Das scheint
der einzige praktikable Weg, um mit der problematischen Doppelfunktion
der Schule klarzukommen. Für den Lehrer wäre eine solche Trennung
eine sehr deutliche Entlastung, weil er sich so endlich über weite Strecken
ohne schlechtes Gewissen seiner eigentlichen pädagogischen Aufgabe widmen
könnte.
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