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Anforderungen an Lernberichte

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Berichtszeugnis /
Verbalbeurteilung /
Lern(Entwicklungs)bericht)

Strukturierungshilfen zur
Erstellung von Lernberichten
(U. Brosch)

Leistungserziehung oder:
alle Kinder stärken

pädagogischer und
unpädagogischer Leistungsbegriff

pädagogisches
Leistungsverständnis

 

 

 

Lernberichte sind ohne Zweifel eine positive Alternative zu Noten. Das Problem ist, dass die Formulierung hohe Ansprüche an den Lehrer stellt und er für diese Form der Leistungsbeurteilung nicht ausgebildet ist. Empirische Untersuchungen belegen die Unsicherheiten und Probleme, die Lehrer damit haben.

Deshalb ist der Katalog von wünschenswerten Merkmalen für die Erstellung von Verbalbeurteilungen, welche die Arbeitsgruppe " Zeugnisse ohne Noten in den Klassen 3 und 4" (1994) vorgelegt hat, besonders wichtig, denn er eignet sich gut für die Vorbereitung und kritische Reflexion von Lernberichten. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe stellen die folgenden Qualitätsanforderungen an frei formulierte Zeugnisse, die wir weitgehend vollständig im Wortlaut wiedergeben, weil sie exemplarisch wichtige Kriterien für Verbalzeugnisse verdeutlichen.

  1. Konkretheit der Aussagen
    Die Aussagen sind so formuliert, dass sie sowohl über den individuellen Lernstand als auch über den individuellen Lernprozess eindeutig informieren. So wird u.a. dokumentiert, was das Kind im Berichtszeitraum gelernt hat, wie es sich die Inhalte erschlossen hat, wie die Lernentwicklung des Kindes in Bezug auf seine persönliche Lernausgangslage sowie in Bezug auf die Anforderungen bewertet wird, was beabsichtigt ist, um die weitere Entwicklung des Kindes zu fördern.
     
  2. Anforderungsbezug
    Das Zeugnis gibt Auskunft darüber, in welchem Maße das einzelne Kind die an es gestellten Anforderungen erfüllt. Diese Anforderungen ergeben sich dadurch, dass die Lehrerin die allgemeinen Vorgaben der Richtlinien und Lehrpläne in verantwortlicher Wahrnehmung des gegebenen pädagogischen Freiraums auf die Lerngruppe/Klasse bezogen konkretisiert. Die Eltern werden zu Beginn jedes Schulhalbjahres ... informiert. Die Aussagen der Berichtszeugnisse beziehen sich implizit oder explizit auf diese Anforderungen...

     
   
  1. Benennen von Stärken und Schwächen
    Beide Aspekte werden angesprochen, ohne in Schönfärberei oder Schwarzmalerei zu verfallen. Stärken des Kindes sind nicht nur sein derzeitiger Lernstand ..., sondern auch seine Lernbemühungen und seine noch nicht ausgeschöpften Möglichkeiten. Schwächen werden als Lernschritte verstanden, die das Kind den Anforderungen entsprechend noch vor sich hat, und auf die sich die weitere Förderung der Schule beziehen muss. Das Kind erfährt, dass es etwas kann und beim Lernen unterstützt wird. So wird es zum Weiterlernen ermutigt...
     
  2. Entwicklungen beschreiben und bewerten
    Im Gegensatz zum Notenzeugnis enthält das Berichtszeugnis beide Aspekte: die Beschreibung und die Bewertung der Lern- und Leistungsentwicklung des Kindes. Die Beschreibung umfasst Lernstand und Lernprozess. Die Bewertung bezieht sich auf den persönlichen Lernfortschritt und zugleich ... auf die gestellten Anforderungen. Bewertet wird nicht durch den Vergleich mit den Leistungen anderer Kinder. Die Bewertung geschieht vielmehr dadurch, dass mit der Beschreibung der bisherigen Lern- und Leistungsentwicklung des Kindes deutlich wird, in welchem Maße diese Entwicklung einerseits über den früheren Entwicklungsstand hinausgeführt hat und andererseits mit den gestellten Anforderungen übereinstimmt... Lernen wird als natürlicher, ständiger Prozess erfahren, Bewertung als Gegenüberstellung von Erreichtem und noch zu Erreichendem.
     
  3. Aufzeigen von Entwicklungslinien
    Das einzelne Zeugnis bezieht sich auf die jeweilige Berichtsperiode; es fasst zusammen, wie sich Lernen und Leisten in dieser Zeit entwickelt haben, und zeigt auf, wie diese Entwicklung künftig gefördert werden soll. Die Zeugnisse insgesamt stehen miteinander im Zusammenhang: Das Zeugnis für den abgeschlossenen Berichtszeitraum umschreibt die Lernausgangslage für die nachfolgende Berichtspeiode. So wird die Leistungsentwicklung über einen längeren Zeitraum ... erkennbar. Leistungen werden so nicht festgeschrieben, sondern als entwickelbar und zu fördern verdeutlicht.
 
     
   
  1. Zusammenhang mit vorherigen Aussagen
    Die Aussagen des Berichtszeugnisses fußen auf den sonstigen Aussagen zur Lern- und Leistungsentwicklung des Kindes, die während des Berichtszeitraums von der Lehrerin gemacht wurden: mündlich gegenüber dem Kind und den Eltern, schriftlich z.B. als Bemerkungen unter Arbeiten. Das Zeugnis stellt aber keine bloße Addition von Einzelaussagen dar. Vielmehr fasst es sie in allgemeiner Form zusammen, so dass die Entwicklung insgesamt deutlich wird.
     
  2. Aufnahme außerschulisch erworbener Fähigkeiten
    Außerschulische Einflüsse bestimmen das Lern- und Leistungsvermögen der Kinder ständig mit. Sie sind in ihrem Umfang und in ihrer Tragweite selten genau erkennbar. Besondere Fähigkeiten einzelner Kinder ... werden dann als solche erwähnt, wenn sie im Zusammenhang mit dem Unterricht oder dem Schulleben insgesamt eingesetzt werden, oder wenn sie für den Aufbau, die Stärkung, die Erhaltung des Selbstwertgefühls des Kindes wichtig sind.
     
  3. Reflexion des eigenen Unterrichts
    Da es die Aufgabe der LehrerInnen ist, die Kinder auf die verbindlichen Ziele der Richtlinien und Lehrpläne hin bestmöglich zu fördern, muss bei der Beschreibung und Bewertung der Lern- und Leistungsentwicklung des einzelnen Kindes die Gestaltung des Unterrichts ständig mitbedacht werden...
 
     
   
  1. Aufzeigen von Fördermöglichkeiten
    Durch die Reflexion des eigenen Unterrichts ergeben sich in der Regel auch Überlegungen dazu, wie das Kind im Weiteren am besten in seiner Lern- und Leistungsentwicklung unterstützt werden kann. Das Zeugnis enthält daher in der Regel auch Informationen darüber, welche besonderen, differenzierten Fördermöglichkeiten dem einzelnen Kind ... geboten werden sollen.
     
  2. Vollständigkeit der Aussagen
    Das Zeugnis macht Aussagen in Bezug auf die Entwicklung des Arbeits- und Sozialverhaltens sowie - in Verbindung damit - in Bezug auf alle Fächer/Lernbereiche. Dabei verliert es sich nicht in Einzelheiten, sodass der Umfang begrenzt bleibt...
     
  3. Aussagen zum Arbeits- und Sozialverhalten
    Im Gegensatz zum reinen Notenzeugnis lassen es Berichtszeugnisse zu, die Entwicklung des Arbeits- und Sozialverhaltens des einzelnen Kindes im Zusammenhang mit seiner Lern- und Leistungsentwicklung insgesamt zu beschreiben... (Dadurch) werden Prozesse erkennbar, die umfassende Würdigung der Entwicklung erst ermöglichen. Zugleich wird der Gefahr vorgebeugt, dass die Beschreibung des Arbeits- und Sozialverhaltens zur Charakterbeschreibung des Kindes missrät.
 
     
   
  1. Lernen in der Gruppe
    Die Berichtszeugnisse enthalten keine Formulierungen, die zum Vergleich der Lern- und Leistungsentwicklungen der Kinder untereinander herausfordern oder als Rangplatz-Aussagen verstanden werden können. Dies betrifft z.B. Hinweise auf einen imaginären Leistungsdurchschnitt, der von einem Kind erreicht, nicht erreicht oder überschritten wird. Aussagen zur Rolle des Kindes in einer Arbeitsgruppe und über gemeinsam erbrachte Leistungen sind hingegen enthalten.
     
  2. Adressaten und Diktion
    Berichtszeugnisse richten sich in der Regel an Erwachsene, d.h. im Wesentlichen an die Eltern. Ihre Verständlichkeit wird auch dadurch gesichert, dass die Entwürfe im Kollegium ausgetauscht und diskutiert werden. Dabei wird auf eine natürliche Sprache Wert gelegt: knappe, klar gegliederte Sätze, Ausfalten der Gedanken im Zusammenhang, ggf. mit Beispielen, Vermeiden ungebräuchlicher Ausdrücke...
    Berichtszeugnisse in Form von Briefen wenden sich direkt an die Kinder. Diese Diktion ist ihnen meist durch Lehrerkommentare unter schriftlichen Arbeiten vertraut und wird von ihnen als Fortführen der ständigen Gespräche mit der Lehrerin verstanden."
 
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